Ist Geduld wirklich eine Tugend?

Krank zu sein ist meist eine große Bürde. Ob mit einem lästigen Schnupfen oder einer widerspenstigen Grippe – eine Belastung auf den Körper kann unerträglich sein. Die Erfahrung hat mich jedoch gelehrt, dass ein psychischer Schmerz manchmal genauso tiefe Wunden hinterlassen kann.

Was ist überhaupt Geduld?

Für mich bedeutet es nichts anderes als zu warten. Warten auf die Befreiung und das gleichzeitige Ertragen des Schmerzes. Nichts heilt von heute auf morgen. Man muss stets dran bleiben. Ich komme nicht umhin, etwas genervt darüber zu sein, stets Geduld zu wahren.

Wann hört es endlich auf?

Wie lange noch? War ich nicht schon geduldig genug? Tag für Tag derselbe Kampf. Ich will ja aufhören, aber wie lange muss ich noch durchhalten?  Nach ein, zwei, drei, vier Jahren bin ich das Warten endgültig leid. Wann kommt der Tag, an dem es vorbei sein wird? Der Tag, an dem die Heilung einschlägt und ich mich wieder wie ein Mensch fühlen werde?

Ist Geduld eine Tugend?…

…oder bloß das lästige Warten auf „irgendwann“?

Alles wäre einfacher, wenn ich ein Datum hätte, auf das ich warten könnte. „Am 23.07.2019 werde ich wieder gesund sein.“… Dann hätte ich etwas, worauf ich warten könnte. Aber diese Ungewissheit ist fast so schmerzhaft wie der Ballast selbst.

Ich habe mich für die den Weg der Heilung entschieden. Natürlich weiß ich, dass der Weg ein langer ist und Fortschritte sich nur über einen langen Zeitraum festsetzen. So ist unser Gehirn nun mal. Die Umstrukturierung meines Denkens dauert länger als ursprünglich angenommen.

Diesen Text widme ich all jenen, die das Warten genauso Leid sind wie ich. Und gleichzeitig wünsche ich mir und euch, so viel Kraft wie möglich zu schöpfen, um die Geduld erträglich zu machen. Denn die Geduld ist gleichzeitig auch der Schlüssel zu Heilung. Ohne Geduld gibt es nicht die Option eines Weges.

Euch allen einen schönen geduldigen Montag! ♥

 

17 Kommentare zu „Ist Geduld wirklich eine Tugend?

  1. Ich sehe Geduld insofern als Tugend, als es bedeutet, Dinge, die man gerade nicht ändern kann zu akzeptieren, anstatt Unmögliches zu erwarten und sich selber fertig zu machen deswegen. Und damit macht man es sich selbst auf Dauer leichter, wenn man eine gewisse Geduld beweist.
    Aber ich verstehe auch deine Frustration. Es ist manchmal verdammt schwer, geduldig zu sein, wenn man gerade akut Schmerzen hat und man nur möchte, dass diese endlich aufhören – oder zumindest weniger werden… Ich hatte auch schon öfters Tage, wo ich nur aus Frust über meine Schmerzen und das nicht wissen, wie lange ich sie noch ertragen muss, geweint habe.
    Aber diese Frustration ab und zu raus zu lassen hilft mir dann auch wieder, um danach für eine Zeit akzeptieren zu können und geduldig zu sein.
    Insofern: fühl dich fest gedrückt, lass deine Frustration raus und ich wünsche dir, dass dein Warten bald belohnt wird!

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  2. Liebe Mia,

    ich habe versucht zu fühlen, was Du als Geduld beschrieben hast.
    Auf etwas warten, bis endlich etwas eintrifft, ein Zustand der Besserung, der Heilung. Genervt bist Du davon, hast Du geschrieben. Das Gefühl kann ich gut nachvollziehen, dabei klingt es für mich viel mehr nach einer Sehnsucht, als nach Geduld.

    Geduld beinhaltet, mit sich selbst und anderen nachsichtig und tolerant zu sein können und auch, sich und anderen zu vergeben. Es geht um eine tiefe innere Haltung, die Dinge so nehmen zu können, wie sie sind.

    Vielleicht ist es viel mehr Deine Sehnsucht, die Dich umtreibt und die Dich nicht geduldig sein lässt.

    Ich kann so gut verstehen, dass Du Dich so fühlst. Aber vielleicht kannst Du dieses Gefühl auch als etwas betrachten, das Dich weiterbringt. Denn nur, weil es auch diese negativen Gefühle gibt, kommen wir im Leben doch überhaupt voran. Sie zeigen uns eine Richtung.

    Ich wünsche Dir einen schönen Wochenstart!

    Sophie

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    1. Vielen Dank für deine netten Worte, liebe Sophie! Geduld ist in der Tat auch Sehnsucht. Und nur wer geduödig ist, wird an Ende belohnt werden. Ich weiß, dass das Ziel da ist und auch nur das lässt mich überhaupt „Durchhalten“. Doch Geduld ist auch mühselig und nicht immer fair.

      Liebe Grüße!!

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      1. Ich bin ganz sicher, dass es sich irgendwann für Dich bezahlt macht, dass Du Dich in Geduld übst.
        Ich glaube daran, dass jeder Mensch seinen inneren Frieden finden kann und Du bist auf einem sehr guten Weg!

        Ich schicke Dir eine Portion Kraft fürs „Durchhalten“ aus der Ferne.

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  3. Liebe Mia, ich verstehe dich. Ich selbst hab mir immer gedacht, dass z.b. nach 7 Monaten diese Heißhungerattacken und so verschwinden. Weil es irgendwo stand. Also hab ich darauf hin gefiebert und war sichtlich enttäuscht weil es eben danach bei mir weiterging. Ich wünsche mir so sehr ein Enddatum, obwohl mir völlig klar ist, dass jeder Mensch anders ist. Jeder Tag in Recovery ist ein Tag mehr in dem du dich gegen die Krankheit und für das Leben entscheidest. Und denke dran, die Krankheit war ja auch nicht nur ein paar Monate dein Begleiter- wieso sollte es dann bei der Genesung so sein? Trotzdem, hätte ich auch gerne ein Datum denn dieser stetige Kampf ist ermüdend und nervt (manchmal). Alles Liebe ♡

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    1. Da erinnerst du mich an einen wichtigen Punkt. Besser Geduld, als die Geduld aufzugeben und sich weiterhin für die Krankheit zu entscheiden. Nur der Umgang mit dieser ständigen Geduld ist irgendwann mühselig:D

      Liebe Grüße ❤

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  4. Geduld kann sicher hilfreich sein, aber für mich ist sie dass nur, wenn etwas auf absehbare Zeit auch wirklich eintreffen wird. Besteht diese Option nicht, ist es Quälerei. Manchmal ist sie dann eben nicht hilfreich, nämlich dann, wenn sie nur noch zu einer vagen Hoffnung wird, dass sich was zum positiven ändern könnte. Also sollte man vielleicht auch mal die Geduld verlieren und nicht immer nur warten. Bevor man die Hoffnung auch noch verliert. LG

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  5. Ob Geduld eine Tugend ist? Ich bin geneigt, das mit „Ja“ zu beantworten. Denn geduldig zu sein, geduldig zu bleiben, hat IMMER etwas mit Wollen und Willen zu tun.

    Geduldig sein und bleiben ist keineswegs einfach, ich weiß Lieder in Maxi-Version davon zu singen. Aber, vor allem unter schwierigen Bedingungen geduldig zu sein bzw. zu bleiben, ist immer ein Erfolg, weil man solnage man das geschafft hat IMMER WillensSTÄRKE bewiesen hat. Allein dadurch ist man (wenigestens jeweils ein bisschen ) gewachsen.

    Wenn man im Übrigen Geduld auf ein Ziel ausrichtet, das man sich anzustreben bemüht, das man erreichen möchte, dann ist jede Minute, die man in diesem Sinne aufgebracht hat, eine sinnvoll investierte Minute. Und im schönsten Fall wird man am Ende sogar belohnt. – Im schlimmsten hat man immer noch für eine bestimmte Zeit lang Stärke ausgebracht. – Geduld aufzubringen oder aufgebracht zu haben, ist so verstanden nie umsonst (gewesen).

    Warum sollte man Geduld anders verstehen?

    BLOßES Warten ist Geduld im Übrigen nie. Geduld zu haben, ist nie eine passive Sache. Eben, weil Willen dazu gehört.

    Du hast schon ganz viel Willen gehabt und bewiesen, liebe Mia. Sei stolz darauf, freu Dich darüber.

    Ich mach’s jedenfalls. Für Dich!

    Liebste Grüße!

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    1. Was für schöne Gedanken du zu diesem Thema mit mir teilst! Mir gefällt dein Ansatz, dass Geduld nie umsonst ist und du als positiv empfindest. Auch deine Verknüpfung mit dem Willen finde ich interessant. Allerdings weiß ich nicht, ob ich nach diesem Gedanken leben könnte. Hätte ich nicht die Hoffnung, dass es besser werden wird, gäbe es auch nichts, wofür ich Geduld wahren müsste. Und die große Schattenseite der Geduld ist, dass sie so undurchschaubar ist. Für jemanden, der sich gerne einen Plan macht ist das oft sehr belastend.

      Danke für deine sehr interessanten Worte, lieber sternfluesterer! Hab einen schönen Abend!

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      1. Danke, liebe Mia. – Du hast schon recht – bei welcher Sichtweise auch immer: Geduld aufzubringen ist und bleibt sehr oft eine große Herausforderung, die enorm zehrt. – Aber ich stehe zu meiner Sicht und wenn Du sie nur ein bisschen für Dich mit- und annehmen kannst, dann glaube ich daran, dass Dir das schon ein bisschen nutzen und helfen kann.

        Ganz in diesem Sinne denke ich an Dich!

        Noch einmal viele liebe Grüße!

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