Leben ohne Spiegel – ein Selbsttest und meine Erfahrungen

Spieglein, Spieglein an der Wand…Wer ist die Schönste im ganzen Land? Also ich nicht, denn ich besitze nicht einmal einen ordentlichen Spiegel. Hier möchte ich meine Erfahrung, wie es ist ohne Spiegel zu leben, mit euch teilen.

Eine Essstörung verleitet dazu ständig unter Selbstbeobachtung zu stehen. Ob mit dem Gang zur Waage oder einem kritischen Blick auf den Spiegel. Ich kann davon ein Lied singen, denn obwohl ich nicht wollte, verlor sich mein Blick ständig im riesigen Spiegel meines ehemaligen Kleiderschranks, welcher sofort meine „Problemzonen“ fixierte.

Leben ohne Spiegel?

Vor etwa einem Jahr bin ich von zu Hause ausgezogen. Meine Einzimmerwohnung ist zwar sehr süß, aber auch recht klein. Ich habe daher nur wenige Möbel mitgenommen und unwichtige Dinge, wie einen Spiegel in meinem alten Heim gelassen. Hier in der neuen Wohnung habe ich nur einen winzigen Spiegel im Bad, in dem ich mein Gesicht sehe. Das wars. Mehr nicht.

Irgendwann wollte ich mir natürlich einen großen Spiegel anschaffen, nicht zuletzt weil ich Spiegel als Möbelstücke sehr ästhetisch finde. Aber dann dachte ich nach. Wie ist es ohne Spiegel zu leben? Ist es lästig? Würde es mir mit der Zeit fehlen?

Hier meine Erfahrungen zum Leben ohne Spiegel:

Spiegel, du fehlst mir!

Anfangs war es nicht leicht, sich auf ein Leben ohne Spiegel einzustellen. Ich war mit den Jahren so daran gewöhnt, dass er mir fehlte. Ich stellte fest, dass ich mich mehrmals unbewusst nach einem Spiegel suchte, um mich in meinem Spiegelbild zu sehen (ich hoffe, dass das nicht allzu eingebildet klang 😀 ). Ich fand es aber sehr lustig, dass meinen Freundinnen sofort auffiel, dass ich keinen Spiegel hatte. Es ist also vielleicht ein universelles Ding, dass in der Regel die meisten Menschen mindestens einen Spiegel besitzen. Vor allem aber zeigt es auch, dass Frauen (natürlich auch Männer) einen sehr großen Fokus auf das Betrachten des Selbstbildes legen.

Spiegel wer?

Doch irgendwann vergaß ich mein Vorhaben nach einem neuen Spiegel zu suchen. Ich gewöhnte mich daran, ohne zu leben und vermisste ihn kein Stück. Der kleine im bad reichte mir völlig. Und mit der Zeit kamen einige positive Vorteile dazu.

Keine ständige Selbstkontrolle!

Aus den Augen aus dem Sinn – so sagt man schön. Natürlich sehe ich meinen Körper die ganze Zeit. Aber es ist etwas anderes auf ihn herabzuschauen, als ihn vor dem Spiegel zu fixieren. Man kann ihn nie in seinem Gesamtbild sehen und von oben bis unten bewerten.

Manchmal braucht man  aber doch einen Spiegel.

Natürlich fehlt mit der Spiegel von Zeit zu Zeit. Ich bin zwar nicht der modebewussteste Mensch auf der Welt, aber manchmal möchte ich schon sehen, wie mein Oberteil zu der Hose passt. Dies fällt natürlich ohne Spiegel aus. Daher gab und gibt es schon Momente, in denen ich gerne einen Blick auf mein gesamtes Äußeres werfen würde…

Angst vor dem Spiegel.

Wenn ich bei meinem Freund oder bei meiner Familie übernachtete, überkam mich sofort der kritische Blick auf mein großes Spiegelbild. Es fiel mir an einem Tag besonders auf, als ich ewig das Bad blockierte, weil ich zu lange beschäftigt war, auf meinen Bauch zu drücken. Es war ein Schock ihn nach all den Monaten von dieser Perspektive aus wiederzusehen. Und ich konnte nicht von mir behaupten, dass ich dieses enttäuschte Gefühl auf mein Körperbild vermisst hatte.

In diesem Moment wusste ich, dass mein Selbsttest beendet war. Einen Spiegel wieder in meinem Leben zu haben, war eine zu große Belastung. Natürlich klingt das sehr dramatisch, aber für einen Menschen, der sehr selbstkritisch mit seinem Selbstbild ist, war diese Entscheidung die beste Entscheidung, die ich nur tun konnte.

Fazit: Das Leben ohne Spiegel ist echt cool!

Ich hätte vorher nie gedacht, dass ein Spiegel eine derartige Macht auf mich haben könnte. Aber seit ich mich von ihm distanziert habe, geht es mir besser. Momentan habe ich nicht das Bedürfnis, mein Leben ohne Spiegel zu ändern, aber irgendwann würde ich mich natürlich freuen, wenn ich gesund genug wäre, um mich nicht vor meinem eigenen Spiegelbild zu fürchten.

Aber kommt Zeit, kommt Rat…

Soweit also mein Selbsttest mit einem Leben ohne Spiegel. Ihr könnt mir natürlich gerne eure Meinung dazu sagen und ob das auch was für euch wäre?

Habt ein schönes Wochenende! ❤️

 

 

12 Kommentare zu „Leben ohne Spiegel – ein Selbsttest und meine Erfahrungen

  1. Du teilst hier weider einmal etwas aus Deinem Leben, was ich sehr interessant finde, liebe Mia. Und ich finde es zum wiederholten Male bemerkenswert und souveerän, dass und wie Du Entscheidungen fällst, von denen Du schließlich WEIßT, dass sie Dir gut tun, auch wenn sie zunächst ein wenig „seltsam“ erscheinen mögen.

    Ich finde es sehr schön, wie Du Deinen Körper immer mehr annimmst so wie er ist.

    Ich mag meine Spiegelbilder nicht besonders. Wir haben einen etwas größeren Spiegel im Bad, den ich einerseits schätze, andereseits aber auch nicht.

    Ich schätze ihn, weil er mir ermöglicht beispielsweise Hautveränderungen am ganzen Körper zu erkennen. Für mich ist das nicht ganz unwichtig, da da in den letzten Jahren vor allem (mein Therapeut meinte, wohl durchaus auch psychisch bedingt) einiges geschehen ist. Als Folge bin ich zum Beispiel dann zur Hautkrebsvorsorge gegangen, und hatte dann mit Abständen fünf (!) kleine Eingriffe, wo es Verdacht auf bösartigen Hautkrebs gab. Zum Glück war nur ein Befund zunächst undifferenziert, aber auch da gab es schließlich Entwarnung.

    Meinen Körper besehe ich mir ansonsten hingegen nicht gern – insoweit wünschte ich mir einen viel kleineren Spiegel, der reichen würde zum Rasieren. Aber ich bin nicht allein in meiner Familie … – Ein wirklich „gelassenes“ Verhalten bezogen auf meinen Körper lege ich nicht an den Tag. Wobei ich nicht denke, dass das etwas mit Eitelkeit zu tun hat. Ich bin einfach nicht zufrieden, obgleich ich keinen perfekten Körper anstrebe – das würde schon aufgrund meiner Statur und meines Knochenbaus nichts, und das ist mir auch wirklich nicht wichtig. –

    Es geht um jene Stellen, die aus meiner Sicht schon noch „verbesserungsmöglich“ sind, bei denen ich aber einfach nicht weiter komme.

    Im Übrigen braucht es keinen Spiegel, die zu bemerken. Es reicht die eine oder andere Anprobe, wenn ich mal nach neuer Kleidung unterwegs bin …

    Womöglich, ja sicher, haben nicht nur Spiegel eine gewisse „Macht“ über mich, wie Du das so treffend ausgedrückt hast, sondern ich selbst, ein Teil meines Gewissens, dass stets und ständig und eben alles, was mich betrifft, ein sehr strenger Wächter ist.

    Ja, soweit mein Statement und zugleich auch wieder kleiner Einblick in meine Person, Dein heutiges Thema betreffend.

    Ich wünsche Dir auch ein schönes und ganz erholsames Wochenende, liebe Mia ❤ – natürlich aber nicht, ohne Dir liebste Grüße dazu zu senden!

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    1. Danke, liebt sternfluesterer. Für deinen lieben Kommentar und das Teilen deiner Meinung mit mir!

      Ich glaube, dass es nicht nur Menschen mit einer Essstörung so geht, dass sie sich kritisch im Spiegel betrachten. Es mag sehr viele Gründe dafür geben, mehr als ich selbst ergründen kann. Wie schön es doch wäre, wenn wir alle das, was wir im Spiegelbild sehen, bedingungslos akzeptieren würden!

      Aber besonders gefallen hat mir der positive Bezug, dass du durch den Blick auf dein Spiegelbild besonders aufmerksam gegenüber möglichen Verdachten bist! Auf diese Weise hatte ich es noch nicht betrachtet, aber natürlich dient ein Spiegel zur eigenen Selbstbeobachtung!

      Ganz liebe Grüße! ❤️

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  2. Ich könnte und möchte niemals ohne Spiegel leben! Dafür liebe ich das Spiel mit Klamotten viel zu sehr 🙂 Auch wenn ich draussen bin, gucke ich überall in Spiegel, Schaufensterscheiben etc., ich liebe es einfach, da mir der Spiegel jetzt genau das zeigt, was ich sehen will. Allerdings war das nicht immer so.

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  3. Das ist ja ein spannendes Thema. Hab ich auch schon oft drüber nachgedacht, auch, wenn bei mir keine Essstörung vorliegt. Ich bin im Ballettsaal quasi vor dem Spiegel groß geworden. Fast täglich viele Stunden in Räumen mit mindestens einer kompletten Spiegelwand verbracht um jegliches „Falsch“ am Körper zu kontrollieren und zu verbessern. Sei es die Ausführung der Übungen oder tatsächlich etwas am Körper direkt. Aber ich sehe Spiegel meistens nicht als Feind, der mir Unzulänglichkeiten aufzeigt. Gerade beim Tanzen ist er ein wichtiges Instrument und so nehme ich Spiegel einfach wahr.
    Je nach Befinden, wenn mein Körperbild nicht so gut ist, dann sehe ich mich auch nicht so gern im Spiegel an. Aber als Tänzerin kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, den Spiegel aus meiner Wohnung zu verbannen.
    Interessante Gedanken, die du da hast.

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    1. Danke für deinen Kommentar! Ich habe früher auch Ballett gemacht, daher verstehe ich deine Sicht sehr gut 🙂 du hast natürlich völlig recht – ein Spiegel sollte kein Feind sein. Eigentlich ist er ja auch sehr nützlich! Allerdings kann er die Wahrnehmung zum Körperbild mit beeinflussen. Daher tut mir ein wenig Distanz ganz gut 🙂

      Liebe Grüße!

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  4. Was für ein cooles Experiment! Als ich von zu Hause ausgezogen bin, bin ich gar nicht auf die Idee gekommen, KEINEN Spiegel zu kaufen. Erst jetzt fällt mir auf, dass es vielleicht von Vorteil wäre, gar keinen Spiegel zu besitzen. Aber in unserer Gesellschaft ist es so normal, sich immer im spiegel zu betrachten. Vielleicht Versuch ich’s auch mal, wenn ich wieder daheim bin , und kleb meinen großen Spiegel ab! 😎 ich merke nämlich auch, dass das ständige kontrollieren im Spiegel einen nur unglücklich macht!

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  5. Ach ja, so’n Spiegel hängt halt da und man weiß ja, wer einem draus entgegen schaut. Und zum Rasieren ist er praktisch 🙂 Sonst schau ich da eigentlich selten rein, ist genauso wenig relvant wie ’ne Waage.

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  6. Ein interessantes Thema. Ich finde es toll, wie Du Dich mit solchen Problematiken auseinandersetzt und damit arbeitest, allen Widerständen zum Trotz 🙂

    Ich besitze keinen grösseren Spiegel, da ist lediglich der Spiegelschrank im Bad, in welchem ich gerade mal mein Gesicht sehen kann. In meinem Elternhaus gab es zwar einen Schrankspiegel, bei meinem Auszug habe ich den jedoch nicht vermisst und mir kam lange Zeit gar nicht in den Sinn, einen zu kaufen. Als ich dann mal dran dachte und aber die Preise sah, war das Thema für mich sowieso gleich wieder gegessen. Ich mag mein Aussehen überhaupt nicht, konnte aber mit Spiegeln nie was anfangen. Ich finde es seltsam, mich darin zu sehen, zumal fast jeder Spiegel das Bild auf die eine oder andere Weise zu verzerren scheint. Mein Spiegelbild ist mir so fremd wie meine Stimme auf Band. Deshalb werde ich mir kaum einen Spiegel zutun.

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    1. Danke für deine lieben Worte ❤ Ich kann deine Empfindungen in Bezug auf den Spiegel sehr fur nachempfinden. Ich sehe tatsächlich auch eine andere Person. Wer genau das sein soll, weiß ich selbst nicht. Allerdings fehlt mir der Spiegel auch nicht.

      Liebe Grüße!

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