Psychische Krankheiten sind nicht immer optisch sichtbar…Essstörungen auch nicht

Eine offene Wunde ist sichtbar – eine innere nicht. Weder psychische Krankheiten noch Essstörungen lassen sich optisch erkennen.

Bei den Gedanken an eine Person mit Essstörung wird oft eine stark über- oder untergewichtige Person assoziiert. Menschen mit meinem Körperbau (dem durchschnittlichen Mittelding) werden selten ins Visier genommen. Aber nur weil eine Essstörung nicht optisch sichtbar ist, bedeutet das nicht, dass sie nicht in den Tiefen der Seele existiert.

Psychische Krankheiten lassen sich nicht mit dem bloßen Auge erkennen.

Ich weiß, dass in Filmen immer folgendes Bild projiziert wird: die psychisch kranke Person hat einen leeren Blick, zerzauste Haare, schmuddelige Kleider und lebt allein in einem heruntergekommenen Haus. Jeder weiß, wie es um sie steht und jeder hält sich von ihr fern.

In der Realität ist das leider anders. Tag für Tag sind wir von psychisch kranken Menschen umgeben, ohne dass wir es merken. Wir können nicht wissen, dass die immerzu lachende Nachbarin eine schwere Depression hat und ihr Mann an einem Burnout leidet. Wir sehen nur das Kind mit dem gebrochenen Bein und schicken den an Grippe erkrankten Kollegen nach Hause.

„Was? Aber du siehst so gesund aus!“

Ich bekam von einigen zu hören, dass man mir meine Essstörung nicht anmerkt. Das empfinde ich aber keineswegs als Kompliment, im Gegenteil. Dadurch bekomme ich nämlich das Gefühl, dass ich mit meinem gesund wirkenden Körperbild nicht ernst genommen werde.

Genauso schien es Michaela von Happy Kalorie zu gehen. Neulich teilte sie bei Instagram eine Collage von Bildern aus verschiedensten Jahren, in denen ihr niemand eine Essstörung anmerkte. Sie schrieb dazu, dass ihre Krankheit erst ins Zentrum der Aufmerksamkeit kam, als sie sehr dünn wurde. Was mich zu folgender Frage führt: Müssen psychische Krankheiten erst optisch sein, um den betroffenen helfen zu wollen? 

Eine physische Krankheit ist nicht mehr wert als eine psychische.

Es gibt noch immer zu wenige Menschen, die sich einer psychischen Krankheit bekennen, weil diese nach wie vor stark stigmatisiert werden. Selbst ich habe mich erst sehr wenigen Menschen offenbart, weil die Furcht vor Verurteilung und Abwertung zu groß ist. Aber das Ganze ist kein Wettbewerb. Körperliche Krankheiten und seelische sind beide tragisch.

Seid aufmerksam.

Fragt nach – lieber ein Mal mehr as zu wenig. Führt mehr als nur ein oberflächliches Gespräch. Hört auf euren Bauch, wenn ihr das Gefühl habt, dass es einer Person möglicherweise nicht gut geht. Und vor allem: Akzeptiert die Wichtigkeit von psychischen Krankheiten!!!

16 Kommentare zu „Psychische Krankheiten sind nicht immer optisch sichtbar…Essstörungen auch nicht

  1. Interessante Frage. Wie würde die Welt wohl erscheinen, wenn jegliche psychische Erkrankung sichtbar wäre? Und wieviele Menschen würden dann wohl ihre Augen verschlossen halten um all die Kranken nicht sehen zu müssen? Und wenn es offen sichtbar wäre, wieviele würden es kaschieren, weil sie sich dafür schämen, oder Angst vor Repressalien haben? LG

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  2. Naja, ich war oft ganz froh, dass ich trotz Depression noch so gut aussah, gab mir ein bisschen Selbstbewusstsein…
    Und als ich Schülerin war, hatte ich drei essgestörte Freundinnen, die wollten partout nicht drüber reden, haben wir durch Zufall bemerkt und als sie schließlich in Klinik waren, wussten es alle.
    Jeder ist da wohl anders.

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    1. Die Frage ist nur warum man es verheimlichen will? Wir verheimlichen selten etwas wofür wir uns schämen oder fürchten verurteilt zu werden. Würden die Menschen nicht sofort stigmatisieren, würde ich zum Beispiel viel offener mit meiner psychischen Krankheit umgehen…

      Liebe Grüße!

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      1. Also ich habe ja schonmal geschrieben, dass ich immer offen mit meiner Krankheit umgegangen bin und damit gute Erfahrungen gemacht habe.
        Ich glaube, meine Freundinnen wollten ihre Krankheit selbst nicht wahrhaben damals… Als sie in der Klinik waren, konnte man offen mit ihnen reden.

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      2. Warum soll man anderen sagen, dass man eine Essstörung hat? Was geht die das an?

        Zumal nicht wenige sich dann berufen fühlen, sich einzumischen und einen fremdbestimmen zu wollen. Es gibt auch gewissermaßen ein Recht auf Krankheit.

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  3. Danke für diesen wichtigen Post!
    Ich denke auch, dass viele psychische Erkrankungen nach außen nicht sichtbar sind – zumindest auf den ersten Blick. Wenn man die betroffene Person genauer kennt, bemerkt man vielleicht doch Anzeichen: dass bei Mensch mit Depressionen die Augen nicht mitlachen und die
    Mimik wie eingefroren wirkt, wenn die Person sich unbeobachtet glaubt, dass jemand mit Angststörung sich ständig vor Nervosität die Hände knetet … Aber dafür muss man den anderen zum Einen gut kennen und zum Anderen auch hinschauen WOLLEN …

    Liebe Grüße

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  4. Liebe Mia,
    danke für deinen aufklärenden Beitrag, der die richtigen Fragestellungen enthält. 👍
    Es ist immer wieder erschreckend, wie viele es betrifft und wie wenige es überhaupt wissen bzw. wahrnehmen (wollen).
    Ich finde, keiner muss sich für (s)eine psych. Erkrankung schämen. Bei einer Grippe ist es doch auch nicht so. Wenn der Körper krank ist, gehen wir zum Arzt und lassen uns freiwillig helfen, denn die körperlichen Befindlichkeiten sind unangenehm.
    Ist die Seele im gleichen Maße krank, schweigen wir und schämen uns sogar.
    Die Entwicklung finde ich bedenklich, zumal weil jeder weiss, dass Körper und Seele zusammengehören, wie Schuhe und Schuhsohle.
    Danke für deine lieben Worte und kräftige präventive Unterstützung. 😘
    Alles Liebe
    Michaela

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    1. Danke für deinen Kommentar, liebe Michaela. Schämen muss sich niemand, aber ich verstehe, dass die meisten es tun, weil ihnen kein Raum geboten wird. Aber dafür stehen wir ja – für Aufklärung und Prävention 😀

      Liebe Grüße und danke für die Inspiration! ❤

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  5. Bei mir sieht man die Essstörung (momentan) auch nicht, ich bin einfach nicht dünn genug. Zudem strahle ich immer gute Laune aus, die ist aber meistens echt. Alle halten mich für eine ungeheuer starke Person – wenn die wüssten…

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  6. Liebe Mia,

    ich bin Dir sehr dankbar für diesen Eintrag. Viele psychische Erkrankungen sind „unsichtbar“. Und das Verständnis bzw. Verstehen, dass bzw. warum sie „unsichtbar“ sind, ist grundsätzlich sehr gering ausgeprägt.

    Auch das darüber, dass die meisten psychischen Erkrankungen nicht eben mal so geheilt sind. Wenn sich Dinge verfestigt haben, dann sind sie mitunter nicht mehr völlig heilbar. Aber für die „Außenwelt“ gilt man als „wieder gesund“ wenn mann die Klinik verlassen, die Therapien beendet hat. Auf der Arbeit zeigt man ja auch ein ganz „normales“ Gesicht. – Was sollte ich wohl für ein Gesicht machen, wenn ich mit Schülern zu arbeiten habe …

    Wie es „zwischendurch“, an Abenden, in den Nächten, an Wochenenden oder sonstwann aussieht ahnt nuiemand und möchte es auch oft gar nicht wissen. Und, das gebe ich zu, ich möchte auch nicht all und jedem gegenüber davon erzählen. Das hat auch damit zu tun, dass ich in diesem Zusammenhang sehr oft so eine Art Rechtfertigungsnötigung empfinde.

    „Du wirkst doch ganz entspannt, Du machst das doch, also alles gut!“

    Ich lasse das oft so stehen. Alles Weitere bin ich Leid, habe ich satt …

    Vielleicht bin ich ja insoweit mittlerweile ein bisschen verbittert …

    Ganz viele, ganz liebe Grüße! Schlaf schön und hab‘ eine ganz traumschöne Nacht! ❤

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    1. Danke für deine wichtigen Worte, lieber sternfluesterer! Du bringst es auf den Punkt! Eine psychische Krankheit ist nicht geheilt, wenn man eine Therapie startet oder die Klinik verlässt. Oftmals heilt sie viel langsamer als eine physische Krankheit.

      Wie eine psychisch kranke Person damit umgehen möchte ist denke ich jedem selbst überlassen. Ich würde mir nur wünschen, dass zumindest die Einstellung gegenüber psychischen Krankheiten sich ändern und und als genauso ernst anerkannt wird!

      Ganz liebe Grüße! ❤

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