Frauen, die unsicher sind, gelten als niedlich. Wie problematisch ist das?

Viele von uns sind unsicher – daran ist nichts Verwerfliches. Was ich jedoch sehr  problematisch finde, ist wenn Frauen, die unsicher sind, auch als niedlich gelten. Hier erkläre ich euch wieso.

Kurz vorab: Ich bitte euch diesen Beitrag aufmerksam zu lesen und nicht bei jedem zweiten Satz empört nach Luft zu schnappen und meine Worte als „Feministen-Kacke“ abzustempeln. Ich finde dieses Thema sehr wichtig und möchte es aus der  Sicht einer unsicheren Frau gerne mit euch teilen.

„Ich beschütze dich.“

Für gewöhnlich lasse ich niemanden meine Unsicherheit wissen, aber manchmal kommt es trotzdem zur Sprache. Dies hatte in der Vergangenheit oft zur Folge, dass diese Eigenschaft von vielen Männern als niedlich oder sogar als attraktiv angesehen wurde. Ich betone den „Mann“ deshalb so stark, weil das Phänomen der toxischen Männlichkeit in diesem Szenarium auftritt. Er, der Mann, beschützt mich, die Frau. Und genau da wird es problematisch.

Erstens, ist „unsicher“ kein Synonym für hilflos, ängstlich oder  unemanzipiert. Zweitens, brauchen sie keinen Beschützer.  Drittens, ist es vielleicht gar nicht so gut, wenn unsichere Frauen ständig auf den Schutz eines anderen Mannes/Menschen angewiesen sind, da es sie früher oder später abhängig macht.

„Ich beschütze dich nicht.“

Die vierte Problematik besteht darin, dass selbstbewusste Frauen als weniger attraktiv angesehen werden. Ich habe schon oft beobachtet, wie wirklich tollen starken und selbstbewussten Frauen weniger Aufmerksamkeit geschenkt wurde, weil der Mann sich nicht sicher genug in seiner Rolle fühlte. Unsichere Frauen sind demnach niedlich und süß und haben mehr „Chancen“ als selbstbewusste Frauen. Aber was ist mit den letzteren? Ist es ihnen nicht vergönnt trotzdem niedlich oder süß zu sein?

Wir sind nicht unsicher geboren. Irgendwas hat uns unsicher gemacht.

Unsicherheit ist nichts wofür man sich schämen muss.Wir alle sind unterschiedliche Menschen, die aus bestimmten Gründen eher selbstbewusst oder unsicher sind. Trotzdem ist nichts niedliches daran unsicher zu sein. Niedliches wird nämlich nicht ernst genommen. Es wird belächelt und bekommt einen dicken Knuddel.

Viel mehr würde ich mir wünschen in einem unsicheren Moment unterstützt zu werden oder vielleicht auch dazu motiviert etwas selbstbewusster zu sein.

Ich will damit keine Männer kritisieren.

Versteht mich bitte nicht falsch. Ich möchte kein Feindbild erschaffen und dem Mann die Täterrolle und der Frau die Opferrolle zuschreiben. Ich kritisiere nicht den Mann, sondern die Sozialisierung des Mannes– die Sozialisierung des männlichen Weltbildes. Aber auch die des weiblichen Weltbildes und was als „niedlich“ empfunden wird.

Noch ein letztes Wort zu den Männern:

Jetzt habe ich mich ausschließlich auf die Unsicherheit der Frau gestützt, obwohl es auch für Männer gewaltige Nachteile hat.Da kommt nämlich wieder der Begriff toxische Männlichkeit ins Spiel. Von „Männern“ wird erwartet, dass sie typisch „Mann“ sind – stark, laut, usw. Ist ein Mann hingegen etwas unsicherer, wird er gleich als Weichei oder als „feminin“ abgestempelt…

Soweit meine Meinung zum Thema Unsicherheit und der Folge als niedlich zu gelten.

Mich würde sehr interessieren, was ihr dazu denkt. Sieht ihr das ähnlich? Seht ihr das komplett anders? Teilt doch gerne eure Meinung mit mir! 🙂

 

24 Kommentare zu „Frauen, die unsicher sind, gelten als niedlich. Wie problematisch ist das?

  1. Ich bemerke, dass da in den letzten Jahren ein Wandel passiert ist. Vor zwanzig Jahren, in meinem Studium, war ich als Frau, die Selbstsicherheit ausstrahlt, eher abschreckend. Seit ich in meinem Vierzigern bin, habe ich viele Männer getroffen, die das an mir sehr attraktiv finden.

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  2. Ich bin selbst sehr unsicher, habe aber nicht das Gefühl, dass das attraktiv wirkt. Natürlich kommen Sprüche wie mit dem beschützen auch mal vor, aber tatsächlich umgesetzt wird das nie. Meine selbstbewussten Freundinnen kommen besser sehr viel besser an… trotzdem gibt es sicher männer, die so sozialisiert wurden, dass sie lieber eine “niedliche“ Frau wollen. Auf der anderen Seite gibt es auch Frauen denen beigebracht wurde, dass der Mann sich um alles zu kümmern hat. Ich denke, dieses Rollenbild braucht noch einige Zeit, bis es sich ganz auflöst

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    1. Aber zeigst du auch, dass du unsicher bist? Ich bin es nämlich auch, aber wirke oft viel selbstbewusster als ich bin. Aber natürlich kann man es auch nicht grundsätzlich pauschalisieren! Ich hoffe sogar, dass es viele Gegenbeispiele gibt!

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  3. Hallo Mia,
    Toller Beitrag und meinen Senf muss ich unbedingt dazugeben! 😊
    Letztens erst hat eine Arbeitskollegin vor versammelter Mannschaft gestöhnt, dass sie nur Single ist, weil sie so groß ist. Da musste ich mit meinen zarten 183 cm Körpergröße gleich mal nachfragen wie sie das meint.
    „Männer sind eingeschüchtert von großen Frauen!“
    Ich habe dagegen argumentiert, dass ich Männer nicht ernst nehmen kann, die eingeschüchtert sind, nur weil eine Frau groß ist. Und somit sortieren sich die Nieten gleich aus.
    Noch tagelang musste ich darüber nachdenken, warum mich diese Aussage so geärgert hat. Dann musste ich daran denken, wie häufig mir als damaliger Single geraten wurde, mich zu ändern: Nicht so laut sein, weiblicher kleiden, nett lächeln, nicht gleich sagen, dass ich eine Führungskraft bin, …
    Dazu habe ich jedes Mal entgegnet, dass ich keinen Partner möchte, für den ich mich grundsätzlich verbiegen muss.
    Das Erschreckende: Jeder dieser „Ratschläge“ kam von anderen Frauen. Ich bin fest davon überzeugt, dass es 95% der Männer egal war, wie groß ich bin. Der restliche Teil meiner Persönlichkeit ist nicht jedermanns Geschmack, aber ich stehe ja auch nicht auf Instagram-Bubis mit Schirmmütze 😉
    Und nur so unverfälscht wie ich bin konnte ich letztendlich einen passenden Partner finden. Der hätte mich gar nicht gut gefunden, wenn ich den „Ratschlägen“ gefolgt wäre.
    Ich stimme zu, dass es nicht einfach ist, einen passenden Partner zu finden. Aber dafür sich den Fantasie Normen anzupassen zu müssen, halte ich für komplett falsch. Und es macht mich wütend, dass Frauen diese „Normen“ sich komplett selbst auferlegen zu scheinen!
    So, das musste mal raus… 😅
    Liebe Grüße aus dem Yukon!
    Luisa

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    1. Ich erlebe es auch immer wieder, dass von Männern (aber auch von anderen Frauen) die Gründe fürs Singlesein einer Frau darin gesucht werden, dass die Frau sich ja auch nicht „ansprechend“ verhält, dass etwas also falsch an dieser Frau ist und sie deshalb ja alleine sei. Mich macht es jetzt noch Wochen später wütend, wenn ich mich daran erinnere, wie ein Mann mir vorwarf, arrogant und eingebildet zu sein, weil mir seine aufdringliche Art auf die Nerven ging und ich entsprechend reagierte: „Das ist nicht schön, wenn du so weiter machst, wirst du für immer Single bleiben.“

      Ich finde, auch im 21. Jahrhundert wird leider oft noch bei Frauen nur in zwei Kategorien eingeteilt: entweder sie ist das liebe, brave Mädchen, also die potentielle Frau, oder sie ist das genaue Gegenteil, zu selbstbewusst, zu sicher, zu sexuell und damit quasi in den Augen der Männer eine Frau, die nur fürs Bett „reicht“.

      Aber ein sehr spannendes Thema und ich finde es wichtig, sich darüber auszutauschen! 🙂

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      1. Ehrlich gesagt hat mir nur einmal ein Mann gesagt, dass ich leider zu groß für ihn bin. Dabei fand ich den noch nicht mal gut. 😂
        Ansonsten kamen die „guten Ratschläge“ bei mir immer nur von anderen Frauen.
        Die Situation, die du beschreibst ist in meinen Augen vielleicht eher verletzter Stolz eines abgewiesenen Mannes, der dir eins auswischen wollte. Das macht das Ganze natürlich auch nicht besser.
        Ich wünsche dir viel Kraft, dem ganzen Wahnsinn zu begegnen!

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      2. Das hätte mich auch so dermaßen geärgert! Wenn Männer sich angegriffen fühlen, weil sie gekorbt oder zurechtgewiesen werden, und dann abwertend werden, kann ich nur den Kopf schütteln. Deinem letzten Absatz kann ich besonders zustimmen!!

        Liebe Grüße!

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    2. Liebe Luisa, Danke für das Teilen deiner Erfahrung! Du bringst es auf den Punkt. Eigentlich sollte uns der potenzielle Partner egal sein, wenn er uns nicht so akzeptiert wie wir sind! Aber der Druck kommt auch oft von Frauen, die alle auf die gleiche Weise sozialisiert sind das System gar nicht hinterfragen…liebe Grüße!

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  4. Ja, was du da beschrieben hast stimmt. Leider. Ich denke, dass „herauswachsen“ solcher Klischees und Rollenbilder wird aber noch sehr lange dauern, weil es immer noch genug Menschen gibt, die es „bedienen“. Hilft nur eines: Sich den richtigen Partner suchen.

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  5. Nun bin ich wohl der erste Mann, der zu Deinem Eintrag hier einen Kommentar abgibt, liebe Mia.

    Freilich gehöre ich eher zu der „Kategorie“, die nicht „typisch Mann“ ist. Aber von dieser Warte aus, kann ich Deine Beobachtungen und Empfindungen, die Du hier geteilt hast, gut verstehen und nachvollziehen. Es reicht dazu, wenn ich manchen Gesprächen meiner „männlicheren“ Geschlechtsgenossen zuhöre.

    Ich für mein Teil kann und würde Unsicherheit niemals „niedlich“ finden. Ich glaube, niemand, der eigenes, zumal häufigeres und womöglich gar starkes unsicher Sein kennt, könnte oder würde das tun. Und auch einen „Beschützerinstinkt“ ruft Unsicherheit bei anderen bei mir nicht hervor, viel mehr Mitgefühl und das Bedürfnis Verständnis und Unterstützung signailieren und geben zu wollen. Dabei spielt es für mich übrigens keine Rolle, ob es sich um Mann oder Frau handelt.

    Was ich zuzugeben habe, ist, dass sehr selbstbewusste Frauen mich schon sehr beeindrucken, auch im Sinne von einschüchtern. Allerdings geht mir das bei Männern ganz genauso, so dass ich auch diesbezüglich glaube, dass das Geschlecht insoweit für mich eine untergeordnete Rolle spielt.

    Ich finde, dass Du Deinen Beitrag sehr differenziert und differenzierend geschrieben hast und, dass das Thema allemal präsent ist und es mehr als berechtigt ist, es nicht unter den Teppich zu kehren. „Klassische“ Rollenbilder mit all ihren entsprechenden Auswirkungen, Erscheinungsformen etc. werden in unserer Gesellschaft nun einmal nach wie vor sehr stark gelebt und bisweilen auch immer noch gepusht.

    Um ganz ehrlich zu sein: Es gibt schon Dinge, die auch ich bei oder an Frauen „niedlich“ finde, dabei geht es allerdings vielmehr sehr um beispielsweise eine Art des Lächelns, eine Geste, eine Reaktion im Rahmen eine guten Gesprächs. Obwohl „niedlich“ da letztlich gar nicht stimmt, „sympathisch“ trifft es viel besser. Und es ist eine Sympathie, die mir auf diese Art und Weise tatsächlich nur Frauen zu vermitteln vermögen.

    Viele, ganz liebe Sonntaggrüße an Dich! ❤

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    1. Lieber sternfluesterer,

      Du bist das perfekte Beispiel dafür, dass Gott sei dank nicht alle Männer do denken oder diese „Vorlieben“ haben. Klassische Rollenbilder sind bloß Konstrukte, die mit Sicherheit nicht im Wesen des Menschen verankert sind!

      Ganz liebe Grüße!❤️

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  6. Bei mir hat „niedlich“ eine ganz andere Bedeutung: es bedeutet „nicht sexy“. Ich kleide mich gerne niedlich, um nicht sexy auszusehen! Seit der Pubertät wollen immer alle Kerle nur mit mir ins Bett, das nervt mich, deshalb sehe ich lieber niedlich aus, unsicher wirke ich sowieso nicht. Alle halten mich für mega-selbstbewusst, ich bin es nicht, aber ich wirke so. Und gleichzeitig unnahbar, aber eben auch sexy auf eine „dunkle“ Art und Weise.

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  7. Liebe Mia, da hast du ein spannendes Thema angeschnitten! Seit Urzeiten wird uns Frauen und auch Männern gesagt wie sie zu sein haben und was hat es uns gebracht? Viel Unglück, Misserfolge und eben Unsicherheit. Dass Frauen gerne niedlich sein dürfen, damit Männer in ihrem Beschützerinstikt „angekurbelt“ werden, finde ich total daneben. Aber genauso daneben finde ich, dass wir sexy sein sollen, anschmiegsam, selbstbewusst, selbstbestimmt, unabhängig usw. Dürfen wir nicht einfach uns selber sein? Wir alle sollten uns nicht ständig hinterfragen und korrigieren wollen, sei es äusserlich oder innerlich. Viele Menschen heute wissen eigentlich gar nicht mehr, wer genau sie sind. Sie leben ein künstliches Ersatzleben! Kunststück, zeigen einen doch die Medien-Portale, ob gedruckt oder virtuell, pausenlos was in und was out ist, wie man aussehen sollten, was am besten rüber kommt. Es wird alles seziert und selbst die hanebüchensten Theorien werden verbreitet und von uns konsumiert. Kein Wunder sind da viele unsicher, und dies hat mit süss sein absolut nichts zu tun. Das ist schlicht tragisch für uns alle. Weniger um uns selber zu kreisen, dafür mehr Unbekümmertheit und Frische würde uns allen gut tun. Lassen wir doch die Zügel locker! Ich bin überzeugt, das käme überall „gut rüber“!

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  8. Liebe Mia, das hat jetzt nicht direkt etwas mit Niedlichkeit zu tun, aber ich musste spontan an meinen Chef denken, der mir vor Jahren im Vorfeld eines Gesprächs mit einem Geschäftspartner dazu geraten hat, nicht zu selbstbewusst aufzutreten, sondern mich etwas unbeholfen anzustellen.

    Das war weder böse, noch abwertend von ihm gemeint, sondern er hat meine Chancen, an mein Ziel zu kommen, bei diesem Gesprächspartner höher eingeschätzt, wenn ich dessen Beschützerinstinkt wecke. Es hat übrigens funktioniert.
    Wie sagte schon Daniela Katzenberger: Sei schlau, stell dich dumm.

    LG
    Daggi

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    1. Wow! Aber was sagt das über unsere Gesellschaft aus, wenn man als unsicheres Mädchen bei einem Mann mit hoher Führungsposition punktet? Das zeigt nur, wie männerdominiert diese Welt noch ist und in was für geteilten Rollen wir leben.

      Danke für das Teilen dieses wirklich wichtigen Beispiels!

      Liebe Grüße!

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  9. Bloß nicht zu forsch, zu selbstbewusst, zu laut, zu intelligent auftreten! So bin ich in den 60er Jahren noch erzogen worden. Und nun konditionieren sich die Mädels untereinander auf diese Weise.
    Nicht immer.
    Aber häufig.
    LG
    Sabienes

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    1. Ja, das stimmt. Früher sind Frauen noch viel stärker nach einem bestimmten Rollenmuster sozialisiert worden – und genauso auch Männer. Was allerdings nicht bedeutet, dass man es nicht streng hinterfragen sollte!

      Liebe Grüße!

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  10. Da hast Du ein sehr wichtiges Thema aufgegriffen. Danke dafür! Meine persönliche Erfahrung ist ähnlich. So lange man (frau) einen gewissen Grad an „Unsicherheit, Schutzbedürftigkeit“ ausstrahlt, gibt es insbesondere eine Sorte Mann, die darauf anspringt. Was allerdings auch dazu führen kann, daraus zu lernen, welche Anteile frau selbst verändern kann, wenn ein Beziehungsmuster schädlich und wiederkehrend ist. Vor Unabhängigkeit, Stärke schrecken schon viele zurück. Aber das ist auch gut so, denn diejenigen, die davor zurück schrecken, sind vermutlich auch nicht die Menschen, die man (frau) im Leben haben möchte. Natürlich Selektion nenne ich das 🙂 Gleichzeit beobachte ich, wie in den Kommentaren schon geschrieben wurde, ein Wechsel. Wenn man Personen beobachtet, die Dates haben, dann gibt es immer mehr Frauen, die sich aus dieser „Nachkriegs-Vorstellung“ gelöst haben und absolut nicht mehr in dieses Bild passen!

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