Die Angst davor, beim Binge Eating erwischt zu werden…

Eine Essstörung beinhaltet sehr viel Angst. Vor allem davor erwischt zu werden. Wie ich dabei empfinde, erkläre ich euch hier:

Beim Binge Eating höre ich auf zu denken.

Wenn der Heißhunger einsetzt und zu einem Essanfall mutiert, „mache ich nur“, ohne groß darüber nachzudenken. Ich handle nicht mehr rational, ich esse nicht aus Hunger, sondern vielmehr wie ein Tier. Ich kümmere mich nicht um Gepflogenheiten, ich räume nichts weg und lasse manchmal sogar den Kühlschrank offen stehen.

Die Angst davor, beim Binge Eating erwischt zu werden…

Jetzt, wo ich alleine lebe, muss ich nicht mehr fürchten, dass jemand einfach so in mein Zimmer herein platzen könnte. Doch damals, als ich noch zu Hause lebte, war die Angst  mein ständiger Begleiter.

Manchmal war ich kurz davor erwischt zu werden. Ich hörte, wie die Haustür aufging, oder dass sich jemand in den Fluren herumtrieb. Und dann handelte ich aus dem Affekt: Als wäre ich seit meiner Geburt darin eingespielt, versteckte ich sämtliches Essen oder Teller irgendwo – unter meiner Bettdecke, in meinen Schränken – Hauptsache man sah es nicht.

Nie wurde ich erwischt. Und doch hatte ich immer Angst, dass es eines Tages passieren könnte. Im Geiste malte ich mir manchmal sogar Ausreden aus, um den Berg an Essen zu erklären. Doch auch, wenn ich nie erwischt wurde, war es nicht zu übersehen, dass Essen im Haus fehlte. Dies war schon Demütigung genug, sodass ich irgendwann selbst die Produkte kaufte und niemandem zeigte. 

Die Angst ist der Beweis dafür, dass ich immer wusste, dass das, was ich tat, falsch war. 

Ich wusste, dass Essanfälle nicht richtig waren, sonst hätte ich kein Geheimnis aus ihnen gemacht. Ich wusste, dass ich nicht ewig so weiter leben konnte, denn früher oder später werden wir alle mal erwischt.

Menschen, die von Binge Eating betroffen sind, leben in Gewisser Hut. 

Auch heute, wo ich alleine lebe, achte ich stark darauf, dass anschließend alle Beweise beseitigt werden. Wenn mein Freund zu mir kommt, verstecke ich sogar den Müll woanders, so paranoid bin ich (als ob er in meine Mülltonne schauen würde?!). Und selbst wenn ich keinen Essanfall habe, komme ich mir „blöd“ vor Süßigkeiten in der Küche stehen zu haben, aus Angst, andere könnten denken, dass ich früher oder später ins Binge Eating verfalle.

Diese Form von Essverhalten ist so dermaßen ungesund und muss unbedingt geändert werden. Ich muss aufhören die Essstörung selbst in meinen vier Wänden als Geheimnis zu sehen und mich vor ihr zu verstecken. Ich muss aufhören mir zu viele paranoide Gedanken zu machen. Ich muss aufhören Angst vor dem Binge Eating selbst zu haben. Es ist eine Krankheit und die Essanfälle sind nicht meine Schuld! Und ich muss mich auch vor niemandem dafür rechtfertigen!

Kennt ihr das, auf der Hut zu sein? Kennt ihr das, dass das Binge Eating schreckliche Paranoia in euch auslöst?

 

5 Kommentare zu „Die Angst davor, beim Binge Eating erwischt zu werden…

  1. Oh ja, ich kenne das „auf der Hut sein“! Als ich früher Fressanfälle hatte, kaufte ich alles in verschiedenen Läden, damit nur ja keiner auf die Idee kam, ich könnte das alles essen. Oder besser, dass keiner auf die Idee kam, ich würde überhaupt essen! Selbst heute noch esse ich nicht gern in der Öffentlichkeit, ich hätte immer gern, dass alle denken, ich würde überhaupt nicht essen, weil das für mich irgendwie etwas „Schmutziges“ oder „Unanständiges“ ist. Oder auch etwas für schwache Leute, die Sklaven ihrer Begierden sind und nichts für so ein ätherisches Geschöpf wie mich, dass von Luft und Wasser leben kann. Völlig krank, ich weiß…

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  2. Absolut!
    Schon wenn ich im Supermarkt an der Kasse stehe, lasse ich mir Ausreden einfallen, falls jemand fragen würde, wofür ich all den Kram kaufe.
    Da bei mir nie jemand unplanmäßig vorbei schaut, muss ich hier nichts verstecken. Und doch bringe ich in manchen Wochen meinen Müll erst raus, wenn es dunkel ist. Denn es könnte ja ein Nachbar meinen vollen Müllbeutel sehe.

    Und in der Öffentlichkeit essen ist echt schwierig. Wenn ich mit Freunden unterwegs bin, versuche ich meine Nahrungsaufnahme auf ein Minimum zu beschränken. Aus Angst, sie würden mich für einen widerwärtigen gierigen Fresssack halten.

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