Warum wir nur uns selbst retten können

Wir alle haben Hilfe und Unterstützung verdient. Und doch sollten wir niemals darauf hoffen, dass wir gerettet werden, sondern uns selbst retten. 

Ich sage euch mal was: Ich hasse Filme, in dem der Typ das Mädchen rettet. 

Nicht nur, weil diese Rollenbilder mega klischeehaft und sexistisch sind, sondern weil die Rettung von jemand anderem kommt. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass Medien wie Filme unser Denken und Handeln beeinflussen können und jene Rollenbilder durchs bloße Schauen verinnerlicht werden. Natürlich sind nicht nur Filme an diesem „Phänomen“ schuld, sondern alle anderen Einflüsse – Erziehung, Sozialisation,…

Ich habe schon viele Menschen getroffen, die darauf warten gerettet zu werden.

Und ich gebe zu, dass dies meistens Mädchen und Frauen waren. Sie stürzten sich von einer Beziehung (damit sind auch freundschaftliche gemeint) in die nächste, in der Hoffnung, auf einen Menschen zu treffen, der sie „rettete“.

„Vor ihm war ich verloren. Dann kam er und hat mich wieder hochgezogen.“

„Seit er da ist, kann ich wieder lächeln.“

„Er hat es geschafft, dass ich wieder an mich glauben kann.“

Selbst ich war mal so. Einst trat ein Mensch in mein Leben, der alles plötzlich leichter machte. Ich dachte, dass sich damit alle grauen Wolken verzogen hätten, doch als er weg war, kehrten auch die verdrängten „Probleme“ wie ein gewaltiges Unwetter zurück.

Für mich sind Beziehungen, in denen ein Mensch als Retter personifiziert wird, zum Scheitern verurteilt.

Denn damit erwartet man eine ganze Menge von einem einzelnen Menschen. Ein Freund oder ein Partner ist keine Maschine. Er/ sie hat auch Gefühle und eine persönliche Grenze. Und wenn die Beziehung irgendwann endet, steht man wieder allein da. Probleme verschwinden nicht einfach so. Sie müssen gelöst werden, nicht unterdrückt.

Ein gesunder Umgang ist noch lange keine Rettung. 

Natürlich finde ich auch, dass wir uns stets mit Menschen umgeben sollten, die uns gut tun und von denen fernhalten, die uns runterziehen. Dies hat jedoch nichts mit einer Rettung zu tun. Fakt ist nämlich, dass uns niemand retten kann. 

Wir müssen uns selbst retten!

Jemand anderes kann unsere Probleme betäuben, aber er kann sie nicht lösen. Das können nur wir selbst. Dafür müssen wir es wollen und aktiv daran arbeiten. Hierbei braucht es den Willen, aber auch den aktiven Versuch! Von nichts kommt nichts. Natürlich müssen wir diesen Weg nicht allein gehen, aber die Rettung kommt letztendlich nur von uns.

Seht ihr das auch so? Oder glaubt ihr schon, dass man gerettet werden kann?

 

16 Kommentare zu „Warum wir nur uns selbst retten können

  1. Absolut richtig, genau so wenig können wir andere „retten“, oder ändern. Seltsamerweise hat sich unser Märchenglaube so sehr gefestigt, dass es uns fast handlungsunfähig macht. Wir warten jahrelang auf den perfekten Mann, den perfekten Job, die perfekte Wohnung usw. aber wir tun sehr wenig dafür. Wir haben selbst die Verantwortung für unser Leben und wenn wir die Rettung von außen erwarten, werden wir ein Leben lang enttäuscht sein.

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  2. Sehr gut geschrieben. Ich finde diese “schwaches Mädchen – starker Mann”-Geschichte auch total dumm Mein Freund kam mir jedoch anfangs tatsächlich wie ein Retter vor. Denn er gab mir all die Liebe und die Aufmerksamkeit, an der es mir Zeit meines Lebens mangelte. Durch seine Liebe kamen in ersten zwei Jahren unserer Beziehung viele verdrängte Themen aus meiner Vergangenheit hervor, offenbar wusste mein Inneres dass ich durch das Auffangnetz, das er mit bot endlich genug stark war, diese zuzulassen anzugehen. Für mich ist das eine Art Retter. Aber ich habe diese Themen dann selber bearbeitet und bin immer noch dran. Aber auch ich habe in ihm Dinge ausgelöst, die ihn zum denken anregen und weiterbringen. Vielleicht ist man doch gegenseitig ein wenig Retter, auch wenn der Gerettete selbst die Knochenarbeit machen muss.

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    1. Ich verstehe deine Gedanken sehr gut. Ähnlich ging es mir auch mit meinem Freund, aber dieser war – im Gegensatz zu meinen anderen – ein guter Umgang, Partner und Freund, und kein Retter. Außerdem sagst du auch, dass eure Unterstützung auf Gegenseitigkeit beruht! 🙂

      Liebe Grüße!

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  3. Super Beitrag, dem stimme ich rational gesehen zu 100% zu! Auch wenn ich zugeben muss, dann ich den Sprung noch nicht geschafft habe. Ich glaube oft warte ich noch darauf, gerettet zu werden. Dein Beitrag war gerade ein echt guter Denkanstoß, dass es so nicht funktionieren kann und man es letztendlich selbst schaffen muss – das denke ich nämlich auch, das ist die einzige dauerhafte Lösung. Das schwierige daran ist halt, dass man Verantwortung für dich selbst nehmen und unglaublich viel Stärke beweisen muss. In gewisser weise schiebt man die Schuld vorher auf andere… sich selbst zu retten kostet ganz schön viel Kraft. Dabei können andere einen natürlich unterstützen, aber „betäuben“ sollten sie einen nicht, wie du schreibst. Das ist übrigens ein sehr gutes Wort, dass du da gewählt hast; finde ich!

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    1. Danke für deinen Kommentar! Ich glaube, dass das Warten auf einen Retter völlig natürlich ist, weil es nach all den Jahren so verinnerlicht wurde und sehr schwer abzulegen ist. Aber nach gescheiterten Beziehungen kann ich sagen, dass ich definitiv nicht gerettet, sondern nur kurzzeitig betäubt wurde 😀

      Liebe Grüße!

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  4. Du hast jetzt aus der Position der „Geretteten“ geschrieben – genauso wichtig finde ich es aber auch, dem „Retter“ klar zu machen, dass er mich nicht retten KANN und auch nicht retten SOLL. Wenn ich entscheide, dass mir jemand einen Teil des Weges etwas leichter machen kann, indem er mich begleitet oder mir eine Stufe auf der langen Leiter der Genesung hochzuhelfen, ist das schön und gut und richtig und toll, dass das überhaupt geht – aber es muss meine Entscheidung sein. Denn wenn ich nicht will, dann will ich nicht. Wenn ich aber möchte und um Hilfe bitte, dann bin letztendlich doch ich diejenige, die sich selbst rettet. Zwar mit Unterstützung, aber das ist eben nicht mehr und nicht weniger: eine Hilfe.
    Guter Post übrigens, aber das wollte ich eingeworfen haben, weil ich es wichtig finde, die Perspektive einmal zu wechseln. 🙂

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    1. JA!!! Toller Punkt! Erst neulich hatte ich eine Diskussion mit einem Freund, der immer nur der Retter sein will.

      In meinem Beitrag: “
      Frauen, die unsicher sind, gelten als niedlich. Wie problematisch ist das?“ (https://mias-anker.com/2019/02/09/frauen-die-unsicher-sind-gelten-als-niedlich-wie-problematisch-ist-das/) schreibe ich darüber, wie schwierig ich es finde, wenn Männer in die Beschützer-Rolle treten. Es ist nicht ihre Aufgabe uns zu retten und es nicht unsere Aufgabe auf Rettung zu warten.

      Liebe Grüße und danke für deine wichtige Anmerkung!

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  5. Ich stimme dir da zu 100% zu. Unterstützen – ja. Zuhören, da sein, helfen. Aber nicht retten. Rettung ist eine viel zu große Sache, um von einem anderen übernommen zu werden und gerade bei der psychischen Gesundheit geht es eben viel ums eigene Mindset – und das kann man ja nur selber ändern.
    Wobei ich glaube, dass dieser Wunsch nach Rettung auch sehr viel mit einem Wunsch nach Verantwortung abgeben einher geht. So nach dem Motto „Der andere macht’s schon und wenn es nicht klappt, war es nicht meine Schuld“. Und das finde ich feige.
    Aber ich muss auch zugeben, dass ich super lange gerettet werden wollte und eben wollte, dass mich jemand an die Hand nimmt und mich aus dem ganzen Mist raus holt. Heute sehe ich das als etwas sehr schwaches und bedaure, dass ich so lange auf jemanden gewartet habe, der eh nie kam und dessen Hilfe ich vielleicht auch nie angenommen hätte.

    Unterstützen und Halt von außen – ja. Rettung – nein.

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  6. Bevor ich mit T. zusammenkam, wartete ich auch immer darauf, dass mich jemand rettet. Natürlich geschah das nie. Dann habe ich mich selbst gerettet, indem ich allein lebte und merkte, wie geil das ist. Und als ich eigentlich überhaupt keinen Kerl mehr haben wollte, dann kam T. ❤

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