… Denn das würde bedeuten, dass du dir immer noch keine Pause nehmen kannst. Dass du dich jetzt fertigmachen, an einem Samstag neun Stunden arbeiten und am nächsten Tag früh aufstehen und sechs Stunden arbeiten musst.
Und am Montag geht’s weiter. Zehn Stunden schreiben, um unmenschliche Deadlines einzuhalten, während Freund:innen und Familie mir nachträgt, dass ich keine Zeit mehr für sie aufbringe, wo ich doch nur „schreibe“ – das könnte ich doch immer …
Aber wann? Ich habe noch zwei andere Jobs, falle um zwölf ins Bett, und brauche zwei Stunden, um wieder runterzukommen, weil mein Herz nicht aufhören will, zu rasen. Eine Serie schauen oder ein paar Seiten in einem Buch lesen schaffe ich gar nicht mehr, weil am Ende eines jedes Tages mein Kopf einfach nur Matsch ist, und es noch keine Meditationsapp geschafft hat, meine Gedankenspirale zu unterbrechen.
Und um acht klingelt der Wecker und das Spiel geht von vorne los.
Das Schlimmste: Ich habe mich komplett daran gewöhnt.
Die chronische Überarbeitung ist zu meinem Alltag geworden.
Ich funktioniere trotz allem, mache immer weiter, ignoriere die Hilferufe meines Körpers, und bleibe am Ball. Die Welt erwartet von mir, eine Maschine zu sein, also bin ich es. Abgesehen davon muss ich Geld verdienen – und damit meine ich nicht, in Saus und Braus zu leben, sondern mir lediglich meine Existenz zu sichern. Ich habe praktisch keine andere Wahl.
Hinzukommt, dass am Freitag der dritte Band meiner Berlin-Night Reihe (affiliate LInk) veröffentlicht wurde – ein Buch, in das ich besonders viel Verletzlichkeit eingebracht habe. Ich wusste gar nicht, wohin mit alle diesen Emotionen – also habe ich sie runtergedrückt. Wie immer, wenn es mir zu viel wird. Ich verdränge alles, bis ich irgendwann ohne Vorwarnung detoniere.
Und genau das ist das Problem. Denn wenn ich weitermache, löse ich mich irgendwann auf.
Am Freitag schrieb meine beste Freundin:
„Kein Job ist es wert, die eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen.“
Am Samstag war mein Corona Test negativ und ich bekam eine Panikattacke, weil es bedeutete, dass ich trotzdem zur Arbeit musste. Diesmal war die Panikattacke so schlimm, dass ich keine Luft mehr bekam. Mein Freund war völlig überfordert, weil er noch nie dabei war, wenn es so schlimm wurde, und er keine Ahnung hatte, was er tun sollte. Erst besagte Freundin schaffte es, mich übers Telefon zu beruhigen.
Und dann sagte sie für mich die Arbeit ab. Sie formulierte den Text (weil ich nicht einmal mehr das hinbekam), und ich drückte auf Senden. Nur wenige Stunden vor Schichtbeginn. Obwohl sich andere auf mich verlassen hatten. Obwohl ich andere enttäuschen würde. Aber es ging einfach nicht mehr.
Ständig predige ich meinen Mitmenschen, auf ihre Mental Health zu achten, während ich meine Belastbarkeitsspanne derart in die Länge ziehe, bis ich mit ihr Seil hüpfen kann.
Das ist nicht nur ungesund, es ist zerstörerisch. Doch in unserer kapitalistischen Leistungsgesellschaft wird das schnell vergessen. Es geht immer nur ums Leisten, am besten in Turbogeschwindigkeit.
Der Mensch ist nicht dafür gemacht, permanent zu arbeiten.
Und obwohl ich in prekären Umständen lebe und immer doppelt so viel geben muss, weil ich systematisch benachteiligt werde, geht es so nicht weiter. Mein Leben ist mir wichtiger. Meine Gesundheit ist mir wichtiger.
Und ja, ich habe Angst vor der Zukunft, Angst vor Geldmangel, Angst, wieder symptomatisch zu werden, weil ich mir immer weniger leisten kann und sich die Essstörung denkt: Joa, kein Problem, wenn du weniger isst…
Aber noch mehr Angst davor habe ich, kaputt zu gehen. Die kapitalistische Gesellschaft mag jeden mit einem Schnipp ersetzen, ich habe nur einen Körper, auf den ich achten muss. Wenn der am Arsch ist, kann ich mir nicht einfach einen neuen besorgen.
Sie wichtigste Selbstfürsorge, ist, sich eine Pause zu nehmen.
Hinlegen, abschalten, ausruhen, fernsehen. Egal was, Hauptsache eine Pause. Hauptsache eine Erholung.
Soo, das war jetzt ein sehr langer Monolog, in dem ich sämtliche Gedanken und Emotionen runtergerattert habe. Ich habe mich dennoch dazu entschieden, ihn hier zu teilen, weil ich glaube, dass ich nicht die Einzige bin, die sich im Hamsterrad dreht und nicht aufhört, wenn ihr schwindelig wird.
Aber wenn ihr jemals an den Punkt gelangen solltet, dass ihr euch wünscht, krank zu werden, um euch endlich eine Pause zu gönnen, dann wisst ihr, dass irgendwas nicht stimmt …
Passt auf euch auf. ❤
PS: Die letzte Slide!
Ich hab mir heute auch eine Pause gegönnt. Mich krank gemeldet mit Corona. Gibt mir ein paar Tage Auszeit. Obwohl ich kein Corona habe. Und obwohl ich nicht so hart arbeite wie Du. Aber ich habe Depressionen und brauche manchmal auch eine Zeit, wo ich mich ganz ihnen hingebe. Also, was ich sagen wollte: Richtig so, ruh Dich aus! LG Ulrike
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Gut, dass du dir eine Pause gegönnt hast! Ich bin sicher, dass du die Pause genauso gebraucht hast. 🙏🏾
Und was bedeutet schon „hart“ arbeiten – sowas kann man ja immer schwer vergleichen und mit einer Depression ist das Leben (und arbeiten) schließlich ohnehin total strapazierend. Ich wünsche dir viel Kraft! ❤️
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Ich bin sehr traurig darüber, dass es Dir so geht. Denn ich weiß, wie das ist, wie sich das anfühlt. Aber es nutzt Dir nichts zu wissen, dass Du mit Deinem Empfinden, Deiner Existenz im unbarmherzigen Hamsterrad, nicht allein bist. Denn am Ende musst Du, muss man ja doch immer selbst irgendwie durch, durch den Schlamassel. Es ist so leicht daher gesagt: „Halte inne!“, „Lass dir das nicht gefallen!“, „Denk‘ daran, dass du am Ende für dich selbst verantwortlich bist!“ Wenn es ans Existenzielle geht, dann „helfen“ solche Ratschläge, so gut gemeint sie sein mögen und so richtig sie grundsätzlich sind, nicht.
Meine Seele umarmt die Deine, sie möchte Dich halten, sie möchte Dir Stütze und Heimat sein. 💖
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Meine Seele umarmt dich zurück! 💖 und freut sich auf einen baldigen ausführlicheren Austausch! 😘
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Den Zustand traurig über einen negativen Test zu sein hatte ich dieses Jahr auch schon öfter.
Ich sehe es defintiv auch als Warnzeichen. Gut, dass Du die hilfreiche Freundin an Deiner Seite hattest.
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Danke dir!
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