Meine Erfahrung mit Skinny Shaming

Body Shaming. Ist euch dieser Begriff geläufig? Er beschreibt die Diskriminierung des menschlichen Körpers. Es gibt verschiedenen Formen – zum Beispiel Skinny Shaming.

Der dünne Körper steht nicht selten unter dem Scheinwerfer des Spottes. Schließlich ist der dünne Körper nicht perfekt. Das Ideal strebt einen schlanken, aber athletischen Körper an. Er braucht natürlich auch Kurven. Eine elegante Taille, ein üppiges Dekolletee und ein knackiger Hintern.

Wir alle kennen Menschen, die von Natur aus dünn sind, aber trotzdem unglaublich viel essen und keinen Gramm zunehmen. Manchmal unterstellen wir ihnen eine Essstörung, denn so dünn kann ja angeblich niemand sein, oder?

Doch, kann er! Menschen sind unterschiedlich gebaut. Einige können so gesund essen wie sie wollen und trotzdem mehr auf den Hüften haben, weil sie genetisch so veranlagt sind. Andere können jeden Tag drei Burger verputzen und schlank bleiben. Es mag unfair sein, aber es ist nun mal so.

Ich und Skinny Shaming?

Ich rede nicht oft über die Zeit vor meiner Essstörung, weil sie inzwischen zu viel von meinem Leben einnimmt. Die Zeit davor kann nur durch einen Nebelschleier wahrnehmen. Undurchsichtig und verschwommen.

Aber wenn ich mich ganz fest konzentriere, dann erinnere ich mich. Ich tauche durch den Schleier hindurch und bewege falle zurück in die Zeit meiner Kindheit.

Als Kind war ich sehr dünn.

Ich galt lange Zeit als untergewichtig. Meine Mutter schleppte mich von einem Arzt zum anderen, weil sie sich darum sorgte, dass ich als Kind so wenig aß – surprise! Man soll Kinder ja auch nicht zum Essen zwingen. Aber das nur am Rande…

Jeder Arzt bestätigte ihr und mir, dass ich völlig gesund war und Kinder selbst wussten, wie viel sie essen konnten und wann sie satt waren. Ich war zudem eher wie mein Vater gebaut, der ebenfalls eher schmächtig ist.

In der Schule galt ich als ungesund.

In der 5. Klasse entstand während einer Stunde in Biologie die Diskussion darüber, wie groß und wie schwer wir waren. Ich damals mit 1,50 war aus der Klasse zwar schon recht groß, aber mein Gewicht wollte mir niemand glauben. Ich glaube ich wog irgendwas mit 30. Sie stritten es jedoch ab. Mit diesem Gewicht wäre ich angeblich schon tot und das war nicht normal. Ich war zwar dünn, aber so untergewichtig konnte trotzdem niemand sein.

Dass sie mir nicht glaubten, gab mir das Gefühl falsch auszusehen. Ich fühlte mich ohnehin schon ziemlich hässlich. Mein Körper bis zu der Pubertät sehr unproportional. Der Kopf war groß, mein Hals und der restliche Körper jedoch sehr dünn. Meine Füße und Hände jedoch waren wieder groß. Ich fühlte mich wie ein ausgebüchstes Tier, das aus dem Zirkus geflohen war. Mein Gewicht war also ein neues Manko, das mich an mir störte.

Dünn zu sein ist hässlich.

Mir wurde klar, dass nicht nur übergewichtige Menschen für ihr Gewicht verspottet werden, sondern auch dünne. Natürlich ist es nicht schlimmer als Fat Shaming, denn dicke Menschen gelten seit jeher als hässlich und dünne Menschen nicht. Dünn zu sein wird schließlich mit der Figur eines Models in Verbindung gesetzt.

Dennoch ist die Verspottung des dünnen Körpers ein gravierendes Problem in dieser Gesellschaft. Es gibt etliche Frauen, die sich aufgrund fehlender Kurven hässlich fühlen. Ständig sagen Leute „Ich tue das für mich“, wenn sie sich durch das Fitnesscenter quälen, einer Brust-Op unterziehen oder ihre Nase richten. Der Mensch wurde nicht geboren und fühlte sich von Anfang an hässlich. Die Gesellschaft gab ihm diesen Stempel.

Irgendwann war ich nicht mehr dünn.

Mit 15 kam dann der Boom. Durch die Pubertät aß ich viel und nahm an Stellen zu an denen ich nicht wollte. Mein Bauch wurde immer schwabbelliger und ich wartete bis heute auf meine Oberweite. Ich war zwar nicht mehr dünn, doch zufrieden war ich noch immer nicht. Meine Oberschenkel waren viel breiter als die der anderen, daher wünschte ich mir sehnlichst meine alten Streichholzbeine zurück. Verrückt! Verrückt, dass ich mir einen Körper zurück wünschte, in dem ich unglücklich war.

Als nach weiteren Jahren die Essstörung eintrat, wurde der Fokus auf den Körper natürlich schlimmer. Und es hält bis heute an.

Akzeptiere dich so, wie du bist!

Das klingt zwar unglaublich abgedroschen, aber es ist die Wahrheit. Ich versuche es meinem Spiegelbild jeden Tag zu sagen. Wir haben nun mal diesen einen Körper, den wir uns nicht aussuchen konnten. Und vermutlich werden wir nie mit ihm klar kommen, wenn wir ihn nicht endlich akzeptieren! ♥

 

 

 

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21 Kommentare zu „Meine Erfahrung mit Skinny Shaming

  1. Schöner Eintrag! Ich akzeptiere momentan meinen Körper, finde ihn sogar sehr schön wie er jetzt ist. Hoffentlich bleibt er auch so, ich werde mich jedenfalls bemühen, es ist alles am richtigen Platz jetzt 😀 Das war natürlich nicht immer so, es gab zu dünne und zu dicke Zeiten bei mir. Jetzt ist mal wieder eine perfekte Zeit.

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  2. Was du schreibst, erinnert mich an mein eigenes Leben.
    Ich war auch immer viel zu dünn und untergewichtig. Mit 20 wog ich 45 Kilo bei 165 cm Körpergröße.
    Die Zeiten sind schon lange vorbei und heute habe ich eher mit ein paar Kilos zu viel zu kämpfen. Aber dennoch: besser so als anders.
    Ich fühlte mich früher auch immer total hässlich. In die Badeanstalt zu gehen war der Horror für mich. Ich hatte EWIG keinen Freund, weil ich eben aussah wie ein kleiner Junge. Nicht schön.
    Aber mit den Jahren wächst das Selbstbewusstsein.
    Du bist auf einem guten Weg. Gib dir einfach Zeit.

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    1. Danke für deinen ehrlichen Kommentar! Wie es scheint hast auch du starke Erfahrungen mit Skinny Shaming gemacht. Und du hast recht, mit den Jahren wächst das Selbstbewusstsein und die Wahrnehmung auf den Körper. Aber ich glaube das passiert nur, wenn man ihn wirklich akzeptiert!

      Liebe Grüße!

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      1. Das sollte so sein, aber ich habe ehrlicherweise irgendwann aufgehört mir darüber Gedanken zu machen. Ich kam es eh nicht ändern und wollte mir mein Leben nicht mehr davon bestimmen lassen. Auch ein Lernprozess.
        Zufrieden bin ich immer noch nicht mit meinem Körper. Muss ihn auch gerade neu kennenlernen, da er sich aufgrund von Wechseljahren extrem verändert hat. Es fühlt sich an, als gehöre der Körper gar nicht mir. Dennoch nehme ich ihn an, nützt ja auch nix. Damit muss ich eben leben.

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    2. Nicht nur wie ein kleiner Junge aussehen ist schlimm! Mir wuchs in der Pubertät ziemlich schnell ein großer Busen, seitdem wurde ich immer angeglotzt wie ein Stück Fleisch… ich habe alles versucht, um den Busen irgendwie zu verstecken, das half aber nicht immer -_-

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  3. Das Problem betrifft auch männliche Zeitgenossen. –

    Ich kann mich noch sehr gut an meine Kinder-und Jugendjahre erinnern. Ich war schmächtig und hatte einen sehr feinen, ziemlich zerbrechlichen Knochenbau, der recht frühzeitig zu „Haltungsschwächen“ und Problemen in den Gelenken führte. Dann zwischen 14 und 18 Jahren schoss ich plötzlich noch einmal um 21 cm in die Höhe, was meine Wirbelsäule nicht wirklich verkraftet hat. Mit 1,93m Körperhöhe wog ich 65 (!) Kilogramm. – Das hatte definitiv NICHTS mit falschem oder zu wenigem Essen zu tun. –

    Ich war immer die „Bohnenstange“, der „Dürre“.

    Immerhin, und das war enorm wichtig für mich, krittelten meine Eltern nicht an mir herum. Ansonsten war es wirklich nicht immer einfach.

    Auch später nicht. Ich habe nie dem „Ideal“ eines kräftigen, muskulösen Mannsbildes entsprochen.

    Ich habe immer einen schwachen Knochenbau behalten, meine Arme sind keine „Männerarme“, meine Hände sind immer wieder als „Frauenarzthände“ tituliert worden.

    Es fällt mir bis heute nicht wirklich leicht, meinen Körper so zu akzeptieren, wie er nun mal ist, zumal sich mit höher werdendem Alter durchaus noch „spezielle“ Problemzonen entwickelt haben und ich infolge meines schubhaften, schnellen Wachstums in der Folge mit einigen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen habe. Manches ist davon schon schmerzhaft und nicht unernst …

    Oft erlebe ich, was einfach „erwartet“ wird: „Och, junger (!!!) Mann, sie sind doch kräftig, helfen sie mir mal mit dem Koffer …“, sagen immer mal wieder betagtere ältere Damen in Zügen, wenn sie ihre schweren Gepäckstücke nicht in die Ablage zu wuchten vermögen. – Ich DARF das eigentlich gar nicht wegen meiner Halswirbelsäule, aber ich vermag es auch kaum, so jemanden einfach ohne zu helfen, stehen zu lassen.

    Ich könnte noch viele solche Beispiele des Alltags benennen, und ich muss bekennen: Mitunter schäme ich mich dann. Das ist bis heute so …

    Aber auch noch ein Wort zu den Frauen:

    Ich könnte JEDESMAL ausrasten, wenn Frauen von Männern nach irgendwelchen Maßen beurteilt werden. Schon die so allgegenwärtige „Taxiererei“ geht mir so auf den Senkel. – Und auch die ganze Mode-, Kosmetik-, ja allgemein die Werbeindustrie ist so schlimm – die pushen gewisse „Idealvorstellungen“ immer wieder und immer weiter. Das hört einfach nicht auf.

    Ich habe es hier ja schion einige Male erwähnt: Während meines Klinikaufenthalt hatte ich eine Frau kennengelernt, die sichtbar an Anorexie litt. Einmal habe ich erlebt, wie ein Patient einer anderen Station über diese Frau geredet hat. Mehr Abfälligkeit und Überheblichkeit gingen gar nicht. Mir hat das so weh getan für diese Frau.

    Sie hatte ein wundervolles Lächeln und einen zutiefst schönen Geist …

    DAFÜR habe ich sie gemocht!

    Liebste Grüße an Dich, liebe Mia ❤ , Du hast mal wieder ein sehr wichtiges Themna zur Sprache gebracht

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    1. Ich stimme dir absolut zu, es trifft alle Menschen, ob Frau oder Mann oder wen auch immer!

      Was du erzählst klingt sehr hart – besonders da einem Mann ein bestimmter Stempel aufgedrückt und von ihm verlangt wird, dass er stark und muskulös sein „muss“…dass es dich bis heute mitnimmt, ist sehr schade, lieber sternfluesterer…so sollte es eigentlich nicht sein. Dieses Denken in Schubladen muss aufhören.

      Und da ich mich gerade wegen meiner BA mit diesem Thema auseinandersetze, musste ich leider feststellen, wie enorm Body shaming besonders die Frau betrifft. Ob Mode- Kosmetik oder sonstige Industrie sind Frauen die Leitbilder der Schönheit und des Idealen. Frauen haben es seit Jahrzehnten schwer, den utopischen Schönheitsvorstellungen zu entsprechen und die Welle durchflutet mittlerweile auch stetig die Männerwelt. Das ist sehr schade, denn es macht das Leben umso schwerer…

      Danke für deinen lieben Kommentar! Ganz liebe Grüße! ❤️

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  4. Kenne ich. Und jeder dahergelaufene Arsch gibt seine Meinung dazu zum Besten. Wie oft ist mir bis heute eine Essstörung unterstellt worden… ich kanns nicht sagen, viel zu oft. Die Leute sollten sich doch um ihren eigenen Mist kümmern…. seufz.

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  5. Dinge, die man nicht ändern kann, gilt es zu akzeptieren. Und außerdem ist da ja noch die Fremdwahrnehmung, die sich mit der eigenen gar nicht decken muß. Vielleicht mag ja jemand etwas an Dir, das Du ganz schrecklich findest?

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      1. Zum Glück hast Du noch das Wörtchen „fast“ untergebracht 🙂
        Vielleicht glauben das auch nur diejenigen, die sich zu sehr mit „Norm“ beschäftgen?
        Ich finde, jede(r) hat etwas, das jemand anders an ihm oder ihr mag oder gar im Wortsinn liebens- wert findet. Und manchmal ist es gar nichts physisches oder optisches, sondern schlichtweg die Ausstrahlung. Daß man sich wohlfühlt in der Gesellschaft dieses Menschen.
        Und ich denke, so denkt jemand auch über Dich.
        Liebe Grüße!

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  6. Ich bin klein (1.54) und in der 4. Klasse sagte mein Lehrer: du bist zu klein, das ist nicht normal. Das war auch deftig. Noch vor wenigen Jahren, als ich schon über 30 Jahre alt war, meinte meine Tante zu mir (die ich lange nicht mehr gesehen hatte): waaaas…du bist wirklich soooo klein? Ich hatte das nicht so in erinnerung”. Ich sagte nur: “das sagst du jedes mal (was auch stimmte). Wenn jetzt an Familientreffen jemand was über meine Grösse sagt, sagt sie in die Runde: “sagt nichts, sie ist da sehr sensibel”. Dass sie einfach extrem unsensibel ist, fällt ihr nicht ein. Man muss dazu noch sagen, dass sie sehr eitel ist (sie müsste es also besser wissen). Auch meinem Lehrer war nicht klar, was er da anstellte.

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      1. Dass ich mich so gut erinnern kann heisst ja auch schon viel. Ich weiss noch, dass ich extrem verunsichert war. Zum Glück hatte ich eine Schulkameradin, die so klein war wie ich und sich lautstark gegen diese Aussage wehrte und ihm klarmachte, dass er nicht richtig tickte. Und das mit 10 😂

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