Die Quarantäne setzt vielen von uns gewaltig zu. Was für Menschen mit Essstörung neben dem Horten von Essen ein besonderes Hindernis darstellt, ist der zwanghafte Bewegungsdrang.
Die meisten von uns sitzen seit über einer Woche in Quarantäne und gehen nur dann raus, wenn es nötig ist. Viele arrangieren sich mit Home Office oder Home Schooling, und verlagern ihre Hobbies nach drinnen. Glücklicherweise ist die Welt in der wir leben darauf vorbereitet, es für eine Weile in Quarantäne auszuhalten.
Allerdings ist es naiv zu behaupten, dass es Schlimmeres gibt, als eine Weile lang auf der Couch zu lümmeln. Inzwischen macht es mich sogar richtig wütend, wenn ich Phrasen wie „Stell dich nicht so an“ oder „Es gibt Schlimmeres“ höre. Jene Aussagen sind unreflektiert und unsensibel.
Für viele Menschen, beispielsweise Betroffene einer Depression, tut diese Isolation überhaupt nicht gut. Und für Menschen mit Essstörung sind diese neuen Lebensumstände eine gewaltige Herausforderung. In meinem Post „Corona und Angststörung“ habe ich bereits ein bisschen über die Schwierigkeit „Essen horten“ geschrieben. Allerdings ist das nicht das einzige Problem, das ES-Betroffene erwartet.
Bewegungsdrang und Corona
Viele Betroffene einer Essstörung haben einen präsenten Bewegungsdrang, um während des Alltags Kalorien zu verbrennen. Ich zähle glücklicherweise nicht mehr zu ihnen, weiß aber noch sehr gut, wie es sich angefühlt hat, sich bewegen zu wollen, aber nicht zu können.
Natürlich ist es nicht gut, die ungesunden Zwänge von Betroffenen auf ewig zu unterstützen, aber eine abrupte Konfrontationstherapie funktioniert auch nicht immer. Ein „Da musst du jetzt durch“ kommt Außenstehenden sicher schnell über die Lippen, ist aber genauso hilfreich wie eine Schelle ins Gesicht.
Was tun gegen den Bewegungsdrang?
Ich will euch nichts vormachen, wenn eine betroffene Person sich bewegen will, muss sie dafür nicht aus dem Haus gehen. Aber natürlich sehe ich es genauso kritisch seine Zwänge unbedacht weiterzuleben. Ihr werdet also keine Tipps von mir bekommen, wie ihr euch weiterhin in eurer Essstörung verlieren könnt. Stattdessen möchte ich euch motivieren, einen anderen Weg einzuschlagen
1. Es ist in Ordnung, wie ihr euch gerade fühlt.
Die eigenen Gefühle zu verurteilen bringt nichts. Egal, wie traurig, wütend oder verzweifelt ihr gerade seid – eure Gefühle sind immer berechtigt. Lasst niemals zu, dass Außenstehende euch eure Gefühle absprechen wollen! Wenn wir lernen uns anzunehmen wie wir sind, ist das schon die halbe Miete. Glaubt mir, dass es so viel leichter ist, mit uns klarzukommen, als gegen uns anzukämpfen.
2. Die Quarantäne ist nur vorübergehend.
Dieser Zustand weilt nicht ewig. Egal, wie erdrückt, isoliert und überfordert ihr euch gerade fühlt, es wird irgendwann wieder vorbei sein. Denkt besonders daran, wenn ihr glaubt, dass ihr gerade den Bedarf nach einem Ventil habt.
3. Es ist in Ordnung, wenn euer Körper sich verändert.
Ich glaube zwar nicht, dass wir durch ein bisschen Quarantäne eine neue Kleidergröße brauchen werden, aber wenn, dann ist das auch okay. Gewicht ist nicht linear, der Körper verändert sich in bestimmten Zeiten. Und das ist auch völlig in Ordnung.
Schaut, wenn es euch hilft, nicht auf die Waage und auch nicht in den Spiegel. Ich mache beides schon seit Jahren nicht mehr und mir geht es prächtig damit!
Abschließend noch ein Zitat von bodyposipanda! Ich kann euch ihren Instagram Account, der sehr viel Body Positivity thematisiert, nur ans Herz legen.
Bleibt gesund! ♥
PS.: Falls ihr Lust habt, während der Quarantäne ein bisschen an eurer Angst zu Fear Food zu arbeiten, könnt ihr euch ja mal diesen Beitrag anschauen:
Manchmal wird es erst schlimmer, bevor die Besserung eintritt – Fear Food überwinden
PPS.: Auch kann ich euch diesen Beitrag ans Herz legen – denn trotz Quarantäne empfehle ich kein Naschen vor dem Fernseher: „Kein Naschen mehr vorm Fernseher“ – Achtsames Essen ohne Ablenkung