„Kein Naschen mehr vorm Fernseher“ – Achtsames Essen ohne Ablenkung

Derzeit versuche auf den Rat meiner Therapeutin hin etwas mehr Achtsamkeit in meinen Alltag einzubringen. Das schließt unter anderem auch mein Essverhalten ein. Denn obwohl ich seit Jahren eine stabile Essroutine entwickelt habe, esse ich nach wie vor mit sehr viel Ablenkung. Dies will ich nun ändern.

Ich habe schon lange nicht mehr ohne Ablenkung gegessen.

Irgendwas tue ich dabei immer. Oft sitze ich beim Essen vorm Fernseher, manchmal checke ich währenddessen meine Nachrichten auf dem Handy. Wieder ein anderes Mal. höre einen Podcast oder lese gelegentlich sogar. Arbeite ich am Laptop und kriege Hunger, stelle ich mir das Essen meist an meinen Arbeitsplatz, um meine Arbeitsroutine während des Essens nicht zu unterbrechen. Ich esse, aber gleichzeitig tue ich noch tausend andere Dinge.

Was esse ich überhaupt?

Manchmal nehme ich gar nicht wahr, was ich esse. Besonders merke ich das beim Fernsehen. Ich schaue etwas in der Glotze, konzentriere mich auf das was ich sehe, und nehme dabei gar nicht wahr, was ich esse und wie es schmeckt. Dies hat zur Folge, dass ich meist noch nicht richtig „satt“ bin, weil sich nichts von mir richtig auf das Essen konzentriert hat. Der Futterneid wird aktiviert und ich sehne mich nach „mehr“. Die Chance auf Heißhungerattacken und Essanfälle sind in Momenten wie diesen deutlich höher als sonst.

Intuitiv Essen und nichts anderes dabei tun!

Daran versuche ich mich derzeit. Ich setze mich in die Küche, lasse mein Handy im Nebenzimmer liegen und esse. Dabei bleibe ich achtsam – ich esse langsam, kaue langsam, schmecke das Essen und nehme die Konsistenz in aller Ruhe wahr. Natürlich verliere ich hin und wieder die Konzentration und schwelge in stressigen Gedanken; aber seit ich „nur esse“ ohne mich abzulenken, nehme ich mein Sättigungsgefühl viel besser wahr und kann das Essen deutlich mehr genießen.

Der Anfang ist immer schwer. 

Veränderungen in der Routine sind nie leicht. Aber einmal überwunden, erleichtern sie das Leben. Ich bin sehr schnell in den achtsamen Lebensstil rein gekommen. Inzwischen nasche ich auch gar nicht mehr vor dem Fernseher, weil ich mich beim Fernsehen nur auf eine Sache fokussieren und achtsam fernsehen will.

Was haltet ihr von dem achtsamen Essen? Könntet ihr euch vorstellen nur zu essen und nichts anderes dabei zu tun? 

PS.: Mein Buch „Zwischen meinen Worten“ ist jetzt erhältlich!

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16 Kommentare zu „„Kein Naschen mehr vorm Fernseher“ – Achtsames Essen ohne Ablenkung

  1. Ich glaube, dass das mit dem achtsamen Essen, immens wichtig ist.

    Was Du beschrieben hast, kenne ich in ähnlichen Erscheinungsformen gut von mir selbst. Und dann erlebe ich immer und immer wieder eine große Unzufriedenheit mir mir, weil sich etwa in der bzw als Folge ein zu starkes Sättigungs- bis Völlegefühl einstellt, weil ich dem vergebenen Geschmackserleben nachtrauere (und mir dann als „Kompensation“ eben noch etwas „einpfeife“) und/oder es versäumt habe, die Zeit des Essens als Pause zu würdigen und zu genießen.

    Auch dieses „nebenbei futtern“, zum Beispiel beim Fersehen, liegt ganz auf dieser Welle. Ich bemerke dann gar nicht richtig was und wieviel ich mampfe und wenn ich dann plötzlich (!) spüre, dass es zu spät ist, bin ich unglaublich sauer auf mich.

    Disziplin ist das Schlüsselwort. Und es hört sich gruselig an. Aber eigentlich stellt es letztlich doch mehr Genuss Aussicht. Und mindert die Gefahr in etwas hineinzurutschen, was man nicht brauchen und mögen kann …

    Da haben wir also nun offernsichtlich beide was vor, liebe Mia. 😉

    Wie immer viele liebe Grüße und Dankeschön für diesen Eintrag, der mir gerade sehr recht gekommen ist! 💖

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    1. Ja, Disziplin, aber auch der Schritt überhaupt erst mal reinzukommen (was gar nicht so leicht ist!) Denn Essen hat eben eine sehr süchtigmachende und betäubende Funktion…Sei also nicht so streng zu dir, lieber sternfluesterer!

      Liebe Grüße! ❤

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  2. Ich kenne das Problem. Ich esse auch relativ unachtsam. Ich habe keinen anderen Tisch in der Wohnung als den vorm PC. Also esse ich am PC. Manchmal mache ich dann nebenher Dinge am PC. Ich empfinde essen als sehr langweilig. Ich bin ungeduldig und brauche dauernd Input und Ablenkung. Der einzige Ort, an dem ich achtsam essen kann, ist diese geniale Mensa der TU im obersten Stockwerk eines Hochhauses, von dem man aus ganz Westberlin überblicken kann 😀 Da habe ich zum erstenmal in meinem LEBEN wirklich achtsam gegessen. Ist übrigens grade mal einige Wochen her. Ich hab aber einen ganz guten Weg gefunden, was Naschereien angeht…Naschereien sind für mich Belohnungen, zb bei einer Pause vom Lernen etc. Das heißt, wenn ich etwas Süßes esse oder mir eine Schale Chips nehme, dann ist das die Pause. Also genieße ich das dann bewusst auch als Moment der Entspannung. Ich bin sehr ungeduldig und esse auch schnell, damit ich schnell etwas anderes machen kann. Bei kleinen Snacks fällt mir Achtsamkeit leichter, weil das Essen nicht so lange dauert und ich mich nicht mit so einer langen „Achtsamkeitszeit“ überfordere :P. Ich esse daher nicht gerne, wenn ich einen Film schaue oder so, weil ich es schade um die Kalorien finde, wenn ich nicht geniesse. OK ist vlt. ein minimal Esstörungs- beeinflusster Gedanke, aber das hat mir geholfen, gerade Naschzeug größtenteils achtsam und mit Genuss konsumieren zu können. Liebe Grüße 🙂

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    1. Oh ja, da sprichst du mir aus der Seele! Ich kenne all diese Situationen auch sehr gut Nur essen schien mir auch immer zu langweilig, aber jetzt, wo ich drin bin, überhaupt nicht mehr!

      Und ja, der TU Ausblick ist natürlich unschlagbar! 😉

      Liebe Grüße!

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  3. Tatsächlich gehe ich DAFÜR oft in ein Restaurant… Und nehme mir bewusst mehrere Stunden Zeit für meine Mahlzeit- 😊

    Zuhause, mit Laptop, Fernseher, Musik und Handy: keine Chance! Da bin ich ehrlich- 😉

    VVN

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      1. Was mich stört, sind die lieben Gastronomie-Kollegen, die dann alle 20 Minuten fragen: „Sind Sie schon fertig? Darf ich abräumen? Hat es geschmeckt?“

        „Nein, bin ich nicht! Auf keinen Fall, und es schmeckt NOCH IMMER.“ Der Struggle ist real- 😂

        Aber ich weiß: man kann nicht erwarten, dass alle Kellner erraten, dass man gerade komplett mit seiner ES am Tisch sitzt- 😉

        Liebe Grüße! VVN

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  4. Ich versuche es seit einer Zeit auch mit dem achtsamen Essen, also bei mir hauptsächlich mit dem Fokus auf ablenkungsfreies Essen und langsam essen. Auf mein Hunger/Sättigungsgefühl ist (noch) nicht wirklich Verlass.

    Was mir persönlich hilft, ist ein kleiner Klebezettel auf meinem Esstisch, auf dem ein paar Gedanken stehen, die ich mir immer wieder vor Augen führen muss, um achtsam zu bleiben
    (1. Es ist genug Essen da und ich darf mir jederzeit mehr nehmen.
    2. Es ist in Ordnung, einen Rest übrig zu lassen und später weiter zu essen.
    3. Es ist okay, wenn etwas nicht perfekt schmeckt oder aussieht. // das ist bei mir persönlich ein ziemliches Problem und ich neige zu Essanfällen, wenn das Essen nicht komplett ausgewogen schmeckt oder irgendwie nicht so aussieht, wie ich es mir erhofft habe 😅 //
    4. Andere Dinge haben Zeit bis nach dem Essen.
    5. Atmen und lachen nicht vergessen)
    Und allgemein versuche ich mir immer wieder ein paar Fragen zu stellen, also was esse ich? Welche Textur hat es? Wie schmeckt es in Kombination mit den anderen Dingen? …

    Und ansonsten ist eben Arbeitsplatz und Essplatz strickt voneinander getrennt und bevor ich (alleine) esse, räume ich alles Ablenkende weg und sage mir auch in Gedanken „Jetzt wird gegessen, der Rest kommt später“. Was ich manchmal leise nebenbei laufen lasse, ist Musik, dann aber auch nichts, was mich stark ablenken würde.

    Momentan merke ich allerdings, dass mir dieses „Achtsam beim Essen bleiben“ noch unglaublich schwer fällt und ich gerade am Ende beginne, mich selber zu veräppeln.
    Wenn ich mit anderen zusammen esse, habe ich dieses Problem lustigerweise gar nicht. Vielleicht liegt es auch ein wenig daran, dass der Mensch generell ein soziales Wesen ist und die Ablenkung quasi als „Ersatz“ für echten sozialen Kontakte dient? Denn manchmal finde ich es richtig belastend, alleine beim Essen zu sein, das merke ich gerade in den Semesterferien ziemlich stark. Unter dem Semester esse ich eh mindestens eine Mahlzeit, manchmal auch zwei, in der Uni, was zumindest die Achtsamkeit insgesamt leichter macht.

    Was ich die letzten Tage, in denen ich quasi nie alleine war, sehr stark gemerkt habe, war, dass ich insgesamt weniger esse und auch weniger das Bedürfnis habe, zwischendurch zu naschen. Ich weiß jetzt allerdings noch nicht ganz sicher, ob ich nicht dadurch insgesamt zu wenig gegessen habe. Aber zum Beispiel „Frustnaschen“ oder essen aus Langeweile kam gar nicht vor. Wenn ich etwas süßes gegessen habe, dann weil ich auch wirklich Lust darauf hatte. Aber da muss ich noch ein wenig reflektieren, was genau Sache war 😅
    Liebe Grüße!

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    1. Ach so, was ich vergessen habe: ich glaube übrigens nicht, dass es die perfekte Lösung für die Achtsamkeitsfrage gibt. Sicher, vor zwei, dreihundert Jahren gab es noch nicht die Möglichkeit, sich dermaßen beim Essen abzulenken, aber ich behaupte, dass dieses „alleine sein beim Essen“ ein Phänomen der westlichen modernen Zeit ist und eben wie geschrieben durch die Ablenkung „kompensiert“ werden soll.
      Ich hab neulich etwas relativ interessantes zu Stress und Entspannung gelesen, das zwar nur bedingt damit zu tun hat, aber vielleicht auch ein Aspekt dazu ist, warum es vielen Menschen schwer fällt, in Stille und Ruhe, nur mit sich und seiner Aufmerksamkeit zu essen. Die Hauptaussage im Text war, dass die meisten Menschen gar nicht mehr wissen, wie man sich wirklich entspannt und quasi dauerhaft in einem Anspannungszustand sind und irgendwann (abends) einfach nur noch erschöpft sind und das mit Entspannung verwechseln.
      Für mich bildet sich da irgendwie ein Bogen von angespannt sein und noch weiter Input benötigen, um eben auf diesem Anspannungslevel zu bleiben – wenn das irgendwie Sinn ergibt?
      Ist aber auch nur ein Gedanke, der mir gerade spontan kam 😅

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      1. Oh, sehr interessant! Entspannung mit Erschöpfung habe ich bisher nie miteinander verbunden, aber da könnte in der Tat was dran sein! Auch, dass die ganze Achtsamkeitsfrage in der heutigen Zeit und in der heutigen Welt gar nicht so leicht zu erreichen/bewältigen sind!

        Liebe Grüße!

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  5. Nur zu essen, ist mir zu langweilig und ggf. bin ich dann „zu schnell satt“. Ich lese meistens beim Essen, seltener schaue ich mir dabei was bei Netflix oder youtube an. Aber ich bekomme trotzdem mit, wie mein Essen schmeckt. Die Ablenkung hilft mir auch, ausreichend zu essen. Auf der Arbeit würde ich z.B. mittags sonst kaum etwas runterbekommen oder deutlich weniger.

    Einzig bei meinen Eltern zu Besuch sind Frühstück und Mittagessen ohne solche „Ablenkungen“, aber dabei unterhalte ich mich ja mit meinen Eltern. Abends surfen wir alle online oder sehen fern beim Essen.

    Hm joa, eigentlich soll man ja wirklich ohne Ablenkungen essen … aber das fände ich doch sehr unentspannend und langweilig.

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    1. Witzig! Bei mir ist es tatsächlich komplett andersherum. Ich bin da leider nicht so multutaskingfähig. Nur essen erschien mir am Anfang zwar auch langweilig, aber inzwischen genieße ich es richtig, mir für das Essen und nur fürs Essen Zeit zu nehmen 🙂

      Liebe Grüße!

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      1. Multitaskingfähig bin ich eigentlich auch nicht. 😉 … Ein bisschen Unterhaltung beim Essen finde ich nett, aber wer mich beim Essen wahlweise zutextet oder mich ständig etwas fragt, verleidet mir den Essensgenuss.

        Ich habe nochmal über die Sache nachgedacht. Bei mir ist es glaube ich auch eine gewisse Ungeduld, so wie es auch einFrosch oben von sich geschrieben hat.

        Was ich beim Essen überhaupt nicht mag, ist Essen im Gehen oder Essen in einer „hektischen“ oder sonstwie unangenehmen Umgebung (deshalb esse ich ungern in Imbissen oder bei McDonalds etc.). Am liebsten esse ich Zuhause; alleine.

        Als ich noch anorektisch war, habe ich ironischerweise meistens quasi sehr vorbildlich achtsam gegessen. Keine Ablenkung, sehr langsam und jedem Bissen sehr sorgfältig nachspürend … auf diese Weise habe ich nie viel runterbekommen. …
        Müsste ich heutzutage so essen, würde es mich nerven, außerdem ekel ich mich schnell beim Essen, je nachdem – das habe ich als Kind schon gehabt. Man hat beim achtsamen Essen zuviel Zeit beim Essen, das Aussehen, die Zusammensetzung und Beschaffenheit der Speisen sehr deutlich wahrzunehmen. … Und am Ende wird alles im Mund eh zu Brei, was ich eigentlich besonders eklig finde. Ganz schlimm, wenn einem jemand gegenübersitzt, der mit offenem Mund kaut … oder bei Babys.

        Hm ich kann das nicht gut erklären mit dem Ekel. Es hängt auch irgendwie von der Speise ab.
        Andererseits macht mich das ratlos, dass dieses achtsame Essen immer als so gesund etc. gilt, während die Art zu essen, die ich mag, als negativ bewertet wird (man würde dadurch Zuviel essen und das Essen gar nicht richtig würdigen etc.).

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