Körperklischees in alten Kindersendungen

Glaubenssätze bilden sich oft in der Kindheit – das gilt auch für Körperformen. Meine entstanden vor allem durchs Fernsehen, denn viele alte Kindersendungen strotzen vor Körperklischees.

Seit ich mir vor ein paar Wochen Disney Plus geholt habe (Werbung wegen Namensnennung) bin ich der Nostalgie verfallen und habe viele alte Serien und Filme aus meiner Kindheit angeschaut. Es war schön – und gleichzeitig erschreckend. Denn jetzt, wo ich „erwachsen“ bin und den Inhalt nicht nur konsumiere sondern reflektiere, entgeht mir nicht, wie problematisch diese Sendungen sind.

Diese Sendungen haben schließlich mein Denken geformt. Die Figuren waren meine Vorbilder, meine Realität. Das was repräsentiert wurde, habe ich so lange hingenommen, bis ich älter wurde und erstmals anfing, Stigmata zu hinterfragen.

Und obwohl es eigentlich nicht mein Anliegen war, die gesamte Disney Kultur zu „roasten“, ist das während des Schreibens unwillkürlich passiert. Ich liebe Disney und es hat mein Leben geprägt.  Aber lasst euch eins gesagt sein: Disney Liebhaber könnten gleich leicht verstört werden 😀 Lest diesen Beitrag also nicht, wenn ihr nicht wollt, dass die rosarote Blase platzt!

Disneys Gummibärenbande

Als Kind war meine Lieblingssendung die Gummibärenbande. Ich liebte das mittelalterliche Setting, die hüpfenden Bären und sogar die Schurken, die immer wieder eins übergezogen bekamen.

Doch jetzt, wo ich die Sendung nach fast zwanzig Jahren wieder anschaue, sehe ich mehr als nur die Geschichte der Gummibären, „hier und dort und überall“ hüpfen. Ich sehe den blauen Bären Tummi und ich sehe das Klischee. Denn Tummi ist ein bisschen größer und dicker als die anderen. Zudem redet er langsam und ist ziemlich tollpatschig. Und natürlich nascht er auch gern …

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Disneys Große Pause

Auch bei Disneys Große Pause gibt es den „Dicken“ – Mikey. Und große Überraschung: er isst viel. Ihn kennzeichnen zwar noch weitere besondere Merkmale, aber in erster Linie ist er mit einem gesunden Hunger ausgestattet.

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Diesneys Chip und Chap 

Die Ritter des Rechts  haben ebenfalls ein dickes und hungriges Mitglied: Samson. Aber nicht nur, dass er dick ist, er ist so besessen von Käse, dass der Geruch ihn hypnotisiert und förmlich dahin zieht. Als Kind fand ich diese Stellen besonders lustig. Heute frage ich mich, warum der Käseliebhaber ausgerechnet dick sein muss. Und warum der Dicke ausgerechnet immer viel isst.

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Ich könnte ewig weitermachen, denn den „Dicken“ gibt es in nahezu jedem meiner ehemaligen Lieblingsfilme – Cinderella, Mulan, etc…

Warum geht das Dicksein immer mit zu viel Essen einher?

Eine Lüge, die so viele Menschen nach wie vor glauben ist, dass dicke Menschen deshalb so dick sind, weil sie zu viel essen. Gründe wie Genetik oder Krankheit oder dass jeder Körper eben anders ist, wird nie erwähnt. Und das Schlimmste ist, wenn Kindern diese Lügen eingeflößt werden.

Doch wer glaubt, dass alles mit der damaligen Zeit zu rechtfertigen ist, hat sich tief geschnitten.

„Man muss ja auch bedenken, dass die Filme in einer ganz anderen Zeit entstanden sind!“

Ja, natürlich wurden Körperbilder zu Zeiten meiner Kindheit nicht so sehr hinterfragt, wie jetzt. Inzwischen existieren keine Anspielung mehr auf dicke, verfressene Körper, weil die Branche weiß, dass sie von der Presse komplett auseinandergerissen werden würde. Und doch ist das Ideal nach wie vor vorhanden. Der dicke Körper mag zwar nicht mehr verschmäht werden, doch der dünne wird nach wie vor angepriesen.

Animierte Disney Figuren werden auch immer dünner.

Ich liebe Frozen wirklich, ich liebe die Figuren und die Handlung. Was ich aber ganz und gar nicht liebe, sind die beiden Körperfiguren der Protagonistinnen. Große Köpfe und dünne, unproportionale Körper. Für einen Film, der 2013 erschienen ist, ganz schön schwach. Dasselbe bei Rapunzel (nach Mulan mein absoluter Lieblingsdisneyfilm)

Dennoch lernt Disney wenigstens ein bisschen aus der Kritik und hat drei Jahre später Vajana einen „menschlichen“ Körper verpasst.

Auch Biene Maya ist wohl auf Diät.

Biene Maya ist zwar nicht von Disney, aber trotzdem ein gutes Beispiel dafür, dass „dünn“ nach wie vor die Hauptfiguren zeichnet.

Links seht ihr die ehemalige Zeichentrickfigur, rechts die neue digitalisierte. Der wohl auffälligste Unterschied zwischen den beiden liegt im Körperbau. Sie hat mit den Jahren ziemlich abgenommen, findet ihr nicht?

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Kinderfernsehen prägt!

Unsere Unterhaltungsmedien prägen! Selbst, wenn wir davon ausgehen, dass sie uns kaltlassen, tun sie es trotzdem. Ich glaube es ist wichtig, sich das vor Augen zu führen. 

Früher habe ich immer gedacht, dass ich meine späteren Kinder auf jeden Fall meine alten Lieblingssendungen schauen lassen will. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher. Natürlich weiß ich, dass ich als Individuum niemanden von sämtlichen Einflüssen fernhalten kann, aber komplett gutheißen kann ich sie auch nicht. 

Inzwischen kann ich sämtliche Disney Filme wieder „genießen“, weil ich sie trotz ihrer süßen Handlungen reflektiere und hinterfrage. Ich heiße nicht alles dort gut (von klischeehaften Frauenbildern mal ganz zu schweigen), aber ich distanziere mich von ihnen. Genauso tue ich es auch mit anderen problematischen Medien, wie sexistischer Rapmusik. Unterhaltung ist wichtig, aber ihre Problematik sollte trotzdem nie ignoriert werden.

Was ist eure Meinung zu den ganzen Körperklischees in Kindersendungen? Sind sie euch auch schon aufgefallen?

Dieser Beitrag enthält Werbung wegen Namensnennung.

 

11 Kommentare zu „Körperklischees in alten Kindersendungen

  1. Super Beitrag, vor allem wegen der vielen konkreten Beispiele, die du nennst! Klar kenne ich alle diese Sendungen und ich hab sie auch so gerne geschaut wie du, aber genauso wie bei dir, sind mir solche problematischen Sachen erst mit der Zeit aufgefallen bzw. erst jetzt durch deinen Beitrag. Als Kind ist es schwierig/unmöglich, dass man die Sendungen kritisch hinterfragt… aber ich glaube, auch selbst viele Erwachsene erkennen die Problem dahinter nicht! Man muss eben für etwas sensibilisiert sein.

    Es ist wirklich eine Art Brainwashing, weil man bestimmte Ideale unbewusst verinnerlicht. Deshalb möchte ich auch eigentlich nicht, dass meine Kinder später irgendwann einmal mit so viel „problematischem“ Material in Kontakt kommen. Aber: Es wird ja besser, die Filmemacher scheinen auch immer sensibler zu werden und Vaiana war schon cool, weil sie eine starke, selbstbewusste Frau ist.

    Man könnte jetzt dagegen halten, dass das, was wir derzeit für super modern halten, in 20 Jahren auch altmodisch sein wird. Aber dem muss nicht so sein. Eine Gesellschaft kann sich ja auch zurückentwickeln. Für Frauenrechte wurde in den 70ern auch stark gekämpft und jetzt, 50 Jahre später, ist es schon besser, aber wir sind immer noch nicht bei der Gleichberechtigung angelegt. Und dazwischen lagen die 90er und ganz viel anti-feministischer Quatsch. 😀

    Mein Fazit ist also: Alles immer kritisch hinterfragen. Und sich weiterbilden, damit man für etwas überhaupt sensibilisiert ist und es dann hinterfragen kann.

    Ariel die kleine Meerjungfrau ist übrigens noch so ein Beispiel. Das war mein absoluter Lieblingsdisneyfilm… Bis ich vor kurzem in Margarete Stokowskis Buch Untenrum frei darauf hingewiesen wurde, dass sie ja von einem Patriarchat (Triton) in der nächste (Erik) übergeben wird und sogar bereit ist, IHRE STIMME dafür zu opfern, damit sie ein Leben mit einem Mann verbringen kann. Wie krass ist das denn!! Ursula ist übrigens auch ein gutes Beispiel für Körperklischees. Und dass der blaue Bär aus der Gummibärenbande dann auch noch „Tummi“ heißt, sagt ja auch schon alles…

    So, ein ziemlich langer Kommentar, sorry! Aber das Thema bewegt. 😀

    Liebe Grüße! 🙂

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    1. Danke für deine Ergänzung!! 🙂 Ja, das bei Tummi dachte ich mir auch 😂 Sehr kreativ ausgewählt! Und ja, Ariel ist genauso problematisch! Vor allem die ursprüngliche Version, in der sie sich opfert statt den Prinzen und zu Schaum verpufft – sehr romantisch auf jeden Fall…

      Ich kann mit gut vorstellen, dass unsere Normvorstellungen in anderen Zeiten sicher genauso problematisch sein werden 😂 Trotzdem denke ich, dass man nicht alles immer damit rechtfertigen kann. Wenn Kinder sowas gucken, sollten Eltern ihnen vielleicht sagen, dass es trotzdem nicht die realen Bilder sind!

      Aber ich hoffe weiterhin darauf, dass Disney mit Vajana zum Beispiel und den kommenden Filmen etwas weniger ins Klischee fallen wird!

      Liebe Grüße!

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  2. Oh wie schön. Ich erinnere mich so gern. Auch bei mir gehörten Chip und Chap und die Gummibärenbande zu meinen Lieblingssendungen. Hin und wieder schau ich mir das sogar heute noch an, wenn ich es mal irgendwo zufällig entdecke 🙂 Manche Dinge sollte man vielleicht lieber einfach genießen, statt sie zu hinterfragen. Und auch wenn wir Erwachsenen es ständig tun, unsere Kinder tun es nicht. Ihre Fantasie ist noch grenzenlos und ich bezweifle stark, dass sie ähnliches darin sehen, wie wir es tun.

    Vielen lieben Dank für diesen Beitrag und ein schönes Wochenende

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    1. Ja, das wünschte ich auch! Habe nur das Gefühl, dass ich jetzt, wo ich richtig fiebrigen geöffnet habe, es gar nicht mehr unvoreingenommen schauen kann 🙈 Aber es hilft zu wissen, dass diese Sendungen in einem anderen Kontext entstanden sind und viel Nostalgie zurückgeben!

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  3. Ich stimme dir total zu und kann jedes Wort genau so unterschreiben! Ich gehöre auch zur absoluten Zeichentrick und Disney-Fan Fraktion (und werde dafür gelegentlich ein wenig ausgelacht 🤭), sehr aber die Rolemodells auch kritisch.
    Meine Freunde halten mich teilweise für ein wenig seltsam, wenn ich mich nach einem Film erstmal kurz über die Proportionen der menschlichen Protagonisten aufrege. (Übrigens find ich das Mädel aus Pets auch echt gruselig! – wenngleich Pets auch von Illumination ist)

    Und gerade bei älteren Disneyfilmen finde ich die teilweise versteckten Andeutungen und Messages hinter den (Lied)Texten super kritisch. Als Erwachsener – klar, da ist mir das bewusst und wie viel Kinder davon wirklich mitbekommen, weiß ich nicht. Aber das Unterbewusstsein wir ja trotzdem beeinflusst, wenn man es im Nachgang auch nicht immer direkt damit in Verbindung bringt.
    Biene Maja wurde meines Wissens nach entschlankt, weil sie „dick“ ein schlechtes Vorbild für Kinder gewesen sein soll. Das finde ich aber den genau falschen Ansatz – warum dürfen Kinder nicht sehen, dass man nicht schlank sein muss, um ein gutes und schönes Leben zu haben?

    Liebe Grüße!

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  4. Hallo liebe Mia,
    Danke für den schönen Beitrag und damit zusammenhängenden Denkanstoß. Ich bin letztes Jahr bei einem Fachtag zum Thema „Medien und Geschlecht“ mit der Nase auf die problematischen Inhalte und unterschwelligen Botschaften auch in Disneyfilmen gestoßen worden. Zwar mehr im Zusammenhang mit Geschlecht als mit Körperproportionen, wobei das ja beim Frauenbild auch fließend ist…

    Und ich muss sagen, dass mich das unheimlich erschreckt hat…

    Am Meisten hat mich erschreckt, wie gering der Anteil von Frauenrollen auch in Trickfilmen ist. V.a. im Verhältnis zu den Männerrollen… so was macht man sich als Kind oder auch Jugendlicher nicht unbedingt bewusst… Es gibt auch ganz viele Trickfilme/ Filme/ etc. die ich dadurch durchaus kritisch sehe.

    Prägender für Kinder ist glaube ich zwar das direkte Vorbild in der eigenen Familie…

    Allerdings, wenn sich die Filmerfahrungen mit den real-live Erfahrungen decken… wird der Effekt wohl schon verstärkt denke ich…

    Also Förderung des kritischen Denkens und der Reflektionsfähigkeit bei den eigenen Kindern ist schon sehr wichtig!

    Ein super Gegenbeispiel im Internet ist die Seite „meintestgelaende“. Ist für Kinder noch nix aber für Jugendliche…

    Als Empfehlung für alle mit Jugendlichen Kindern ;-)….

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    1. Danke für deinen Kommentar! Das mit dem fehlenden Frauenanteil ist mir auch schon aufgefallen – selbst bei Aladdin ist mir neulich aufgefallen, dass Jasmin fast gar keinen Redeanteil hat, obwohl sie ja eigentlich die „Hauptfigur“ ist…Und die Verteilung der Rollen ist auch eine ganz eigene Sache für sich…

      Danke für den Tipp der Seite! Werde ich mir gleich mal anschauen!

      Liebe Grüße!

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  5. Ich frage mich bei Maja auch, ob Digitalisierung zwingend mit Verschlankung einhergehen muß. Bin halt mit dem Original groß geworden 🙂 Und diese 2.0 -Maja sagt mir ganz wenig zu, wirkt mir zu „glatt“ zu wenig detailliert.

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