Meine Freundin hat eine Essstörung – Was kann ich für sie tun? 10 Tipps, um eine Person mit Essstörung zu unterstützen

Was, wenn meine Freundin mir ihre Essstörung anvertraut? Was kann ich tun? Was soll ich sagen? Was ist hilfreich und was nicht? Dieser Beitrag richtet sich speziell an Angehörige. Ich möchte euch 10 Tipps mitgeben, wie ihr eine Person mit Essstörung unterstützen könnt.

Viele wollen helfen, wissen aber beim besten Willen nicht wie. Und da das Thema Essstörung bereits das reinste Mienenfeld ist, ist das nächste Fettnäppfchen gar nicht so weit entfernt. Deshalb vermeiden Angehörige oft das Thema – aus Angst, etwas Falsches zu sagen. Doch ich kann euch jetzt schon sagen, dass das der garantiert falsche Weg ist. Es kann niemals richtig sein, das ganze Thema zu ignorieren und so zu tun als wäre nichts. Das sorgt nur dafür, dass sich die Person verschließt und nicht mehr länger anvertraut (weil sie glaubt, dass es nichts bringt).

Und dies ist auch mein erster Tipp:

1. Ignoriert niemals die Essstörung

Wenn sich eine Person euch anvertraut, dann tut nicht so, als wäre nichts. Essstörungen sind geheime Krankheiten – es erfordert sehr viel Mut und Überwindung, sich anderen zu offenbaren.

2. Sucht euch eine sichere Umgebung für ernste Gespräche

Falls ihr mit der Person über die Essstörung reden wollt, ist es wichtig, einen entspannten und sicheren Ort zu suchen. Essstörungen sind nichts, über das man in einem überfüllten Café plaudern kann. Geht am besten an einen ruhigen Platz, an dem man die eigenen Gedanken hören kann. Vorzugsweise auch einen, in dem die Person sich wohl und sicher fühlt.

3. Hört zu

Wenn euch im ersten Moment die Worte fehlen, ist das okay. Ihr seid keine Therapeut:innen, sondern Angehörige, Freund:innen etc. Wichtig ist, der Person einfach nur zuzuhören. Auch, wenn ihr das Phänomen nicht genau versteht. Auch, wenn ihr euch nicht vorstellen könnt, was die Person durchmacht. Vielleicht werdet ihr das, wenn ihr einfach nur zuhört.

4. Seid einfach nur da

Es braucht nicht viele Worte oder Gesten – manchmal hilft es einfach nur da zu sein, damit die Person nicht allein ist. Geht eine Runde spazieren, schaut einen Film, redet über irgendwas. Hauptsache ihr seid da.

5. Vermeidet Fragen nach zu pikanten Details

Ihr seid neugierig? Völlig verständlich. Natürlich dürft ihr Fragen stellen, aber seid dabei bitte rücksichtsvoll. Vermeidet pikante und allzu persönliche Fragen, wie „Wie oft übergibst du dich?“ oder „Wie viel genau isst du eigentlich bei einem Essanfall?“ Das sind sehr beschämende Fakten, über die Betroffene selbst kaum nachdenken wollen.

6. Nehmt euch Zurückweisungen nicht zu Herzen

Die Person reagiert etwas schnippisch, obwohl ihr nur helfen wollt? Okay, steht da einfach drüber. Jede:r ist anders, einige besonders offen, andere besonders sensibel. Wenn ihr trotz Fingerspitzengefühl in ein Fettnäppfchen treten und angekackt werdet, nehmt es bitte nicht persönlich. Schluckt euren Stolz runter und entschuldigt euch. „Oh Sorry, ich habe nicht gewusst, dass das so und so ist. Ich wollte dich auf jeden Fall nicht verletzen.“

7. Kommt der Person mit ihren Wünschen entgegen

Als ich mich meinen Freundinnen anvertraut habe, haben sie mich immer gefragt, in welches Restaurant ich möchte. Da sie mir die Entscheidung überließen, konnte ich mich nach meinem Tempo dem Fear Food stellen und musste mich nicht zu etwas zwingen oder mir gar eine Ausrede überlegen, warum ich heute keine Pizza essen kann. Ihr ahnt nicht, wie sehr ihr der Person helft, wenn ihr ihren Wünschen ein bisschen entgegenkommt.

8. Eure Freundin/Angehörige etc. ist mehr als die Essstörung

Ja, eine Essstörung hat Einfluss auf das ganze Leben. Trotzdem ist die Person immer noch derselbe Mensch. Behandelt sie deshalb nicht anders. Schleicht nicht wie auf Eierschalen um sie herum. Ihr wisst jetzt etwas von ihr, aber das macht sie nicht zu einer anderen Person. Verzichtet also nicht auf eure üblichen Witze und Späße und gewöhnt euch keinen neuen Umgang an. Dadurch fühlt sich die Person nur noch „kränker.“

Und ganz wichtig: Punkt 1 und 8 widersprechen sich nicht. Ihr solltet die Essstörung nicht ignorieren, aber auch nicht nur die Krankheit sehen. Ich hoffe, ihr versteht, wie ich das meine!

9. Spielt nicht die Moralapostel

Eure essgestörte Freundin isst immer nur Salat im Restaurant? Okay, das ist verdächtig, aber da könnt ihr nichts machen. Viele (besonders Eltern) machen den Fehler, die Person zu drängen, etwas anderes zu essen – aber das bringt leider nichts. Die Person wird nicht plötzlich gesund, nur weil eine außenstehende Person einen zum Essen auffordert.

Natürlich könnt ihr offen eure Sorgen mitteilen. „Ich mache mir etwas Sorgen um dich. Du hast heute wieder sehr wenig gegessen. Gibt es irgendwas, wobei ich dir helfen kann?“ Und hier sind wir wieder bei Punkt 1, 3 und 4.  Ignoriert das Problem nicht, aber seid da und hört zu. Mehr könnt ihr nicht machen und damit kommen wir auch zu unserem letzten Punkt.

10. Seid euch bewusst, dass ihr eine Person nicht retten könnt

Natürlich können Angehörige einem helfen, aber bitte seid euch bewusst, dass ihr niemanden aus einer Essstörung befreien könnt. Nicht umsonst wird bei Essstörungen eine Therapie oder ein Klinikaufenthalt empfohlen. Es reicht nicht, nur darüber zu reden und das muss der Betroffenen Person auch klar sein. Seid da, hört zu, stellt Fragen, nehmt die Person in den Arm, lenkt sie ab – aber das ist auch schon alles, was ihr tun könnt.

Und das waren meine 10 Tipps, um eine Person mit Essstörung besser zu unterstützen.

Ich hoffe, ihr konntet ein wenig davon mitnehmen. Bei Interesse kann ich demnächst auch gerne mal einen Beitrag darüber schreiben, um bei Gesprächen über die ES die „richtigen“ Worte zu finden.

Übrigens: In meinem Beitrag war oft die Rede von der „Freundin“, aber nur, weil ich nicht schon wieder das generische Maskulin verwenden wollte. Natürlich sind auch Männer von Essstörungen betroffen – darüber habe ich auch schonmal einen Beitrag geschrieben. Essstörungen kennen kein Geschlecht, kein Alter und keine Sexualität. So traurig es klingt, aber es kann jeden treffen. Deshalb müssen wir uns alle mit dem Thema auseinandersetzen. Denn auch, wenn wir es nicht wissen – in unserem Umkreis gibt es mindestens 2-3 Personen mit einer Essstörung …

Buchtipp: Iß doch mal normal!

Übrigens habe ich neulich dieses Buch gelesen und kann es Angehörigen (besonders Eltern) sehr ans Herz legen. Ich habe auch eine Rezension dazu verfasst und bereits einige Tipps mit euch geteilt!

Habt ihr noch weitere Tipps?

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