Erst kam der Missbrauch, dann der Hunger – Buchrezension zu „Hunger“

Vor einiger Zeit habe ich das großartige Buch „Hunger“ von Roxane Gay gekauft und meine Meinung bereits in sämtlichen sozialen Medien geteilt. Da es mich aber nach all den Wochen trotzdem beschäftigt, möchte ich auch hier meine Rezension und absolute Empfehlung mit euch teilen.

Kurz vorab: In dieser Rezension gilt Triggergefahr zu den Themen Missbrauch und Essstörungen.

Eigentlich können Worte gar nicht beschreiben, wie ich dieses Buch finde. Selbst die Begriffe „herzzerreißend“ und „bewegend“ kommen nicht an das ran, was ich ausdrücken will. Selbst nach Wochen bin ich nach wie vor entsetzt, bewegt, traurig und verstört.

Auf meinem Titelbild seht ihr ein kleines Mädchen, das isst. Ich habe mich bewusst für dieses Bild entschieden, weil Roxane Gay auch ein Kind war, als es passierte. Davor war sie gesund und glücklich – danach begann das Essen…

Zunächst einmal zum Förmlichen:

Die Kapitellänge ist kurz (meist 2-3 Seiten lang), der Schreibstil trotz der schweren Themen leicht, fließend und reich an Metaphern. Man liest Roxane Gays Bücher nicht nur, man fühlt sie. Menschen, die sich mit trockenen Sachbüchern schwer tun, werden hier keine Bedenken haben.

Zum Buch:

Roxane Gay erzählt von dem tragischen Schicksalsschlag, der ihr Leben für immer verändert hat. Eine Vergewaltigung mit zwölf –  von dem Jungen, in den sie verliebt war, und von deren Freunden. Jahrzehnte lang traut sie sich kaum, über das Thema zu sprechen – aus Trauer, aber auch aus Scham. Gay gibt sich für die Tat selbst die Schuld, wie so viele Betroffene es an ihrer Stelle leider auch tun.

Gebrochen von dieser Tat überkommt sie ein unstillbarer Hunger.

Gay isst aus Kummer, Trost, und, um eine Mauer um sich zu errichten. Das Essen wird zu ihrem Freund, ihr immer dicker werdender Körper zu einem Schutzort, und vor allem, um Männern keine Aufmerksamkeit mehr zu schenken. Es ist zwar nie konkret die Rede von einer Essstörung, und doch ist die Handlung, gezeichnet von ihrer Bulimie und Binge Eating, auch ohne eine Definition aussagekräftig genug.

Essgestört und dick

Des Weiteren zeigt Gay den Alltag von dicken Menschen auf, welche immer und überall – ob beim Ärzt*innenbesuch oder unter Freund*innen – auf ihr Gewicht reduziert werden. Außerdem ist Gay nicht nur dick, sondern schwarz – ein weiterer Grund für ihre Diskriminierungserfahrung. Gay schreibt schonungslos ehrlich und teilt Scham, Selbsthass und viele weitere Abgründe ihres Lebens.

Fazit:

Hunger“ ist kein Sachbuch. Es ist auch keine herkömmliche Biographie, obwohl es zahlreiche Abschnitte aus ihrem Leben enthält. „Hunger“ ist die Geschichte von Roxane über das „Vorher“ und „Nachher“.

Das Buch ist hart. Manchmal tat es fast schon weh es zu lesen, was allerdings trotzdem kein Grund für mich war, mit dem Lesen aufzuhören. Roxane Gays Geschichte muss gehört und erzählt werden! Es ist eine absolute Leseempfehlung von mir. Ich wünsche mir, dass Gays Geschichte so oft wie möglich erzählt und geteilt ist. Sie selbst sieht sich nicht als Vorbild, doch für mich und viele andere ist sie vielleicht schon eins.

Habt ihr schonmal von dem Buch gehört oder es bereits gelesen? Wenn ja, wie fandet ihr es?

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