In mir sammelt sich gerade eine Ansammlung von kontroversen Gefühlen, die ich nicht so recht einordnen kann. Aufgewühlt, wütend, zerknirscht, perplex, nachdenklich…
Seit der eigenen Bekennung meiner Essstörung reagiere ich sensibler auf Situationen im Alltag, die eine solche Krankheit provozieren. Damit meine ich unter anderem sämtliche Modelplakate, den komerzialiserten Fitnesswahn und viele andere Faktoren. Aber wobei einige dieser Bereiche stark auf das Gewicht festgesetzt sind, so trenne ich diesen Bereich von gesunder Ernährung.
Ungeachet meiner Krankheit entschied ich mich eines Tages dazu, einen gesünderen Lebensstil zu entwickeln. Da ist vermutlich im ersten Blick nichts falsches dabei. Statt Süßigkeiten mal einen Apfel, und statt helles Brot lieber dunkles Brot.
Und damit wären wir bei der Vermarktung des Ganzen. Hier geht es heute um die Werbung. Die Werbung, die scheinbar keinen Unterschied zwischen gesundem Esssverhalten und Diäten kennt.
Werbung gibt es in heutigen Zeiten nicht mehr nur im Fernsehen. Ob im Handy, auf dem Computer oder dem Tablet – dort wo ein Internetanschluss ist, dort ist auch Werbung. Egal ob man danach sucht oder nicht.
Es folgt ein kleines Experiment, bei dem jeder mitmachen kann.
Googlet doch mal bitte ein gesundes Gericht. So wie: gesunde Smoothies oder Rezepte mit Avocado. Vielleicht klickt ihr ja durch Zufall auf die gleiche Seite, wie ich es getan habe und werdet prompt von einer Werbeanzeige überrascht, die für ihr Ernährungsbuch wirbt. Soweit so gut. Ist zwar lästig, aber okay. Dann suche ich mir eine andere Seite aus. Hier platzen die Seitenleisten förmlich vor Werbung. Weitere Bücher. Mixer und andere Küchengeräte, die für Smoothies hilfreich sind. Aber auch damit kann ich leben. Schließlich hängt alles mit meinem Suchbegriff zusammen.
Aber vielleicht war das zu einfach. Ich gebe gesunde Ernährung ein und habe bereits auf meiner ersten geöffneten Seite eine Anzeige über Tabletten, welche die Verdauung fördern. Und je weiter ich schaue, desto öfter finde ich Texte vor wie:
„Diese 5 Lebensmittel sollten sie bei ihrer Diät vermeiden.“
„Schlank in nur 5 Wochen ohne Sport und Hungern“
„Die neue Diätpfeife“
Letzteres musste ich aus Neugier dann doch anklicken, weil ich diesen Begriff noch nie zuvor gehört hatte. Scheinbar handelt es sich um einen „Aromasauger“ welches man in verschiedenen Geschmacksrichtungen „schmecken“ kann. Und seit ich eine Amazon Suche eingegeben habe, verfolgt mich jenes Objekt auf Tritt und Fuß.
Natürlich kann ich nicht anders, als die Augen zu verdrehen. Denn bei all dem frage ich mich: Wer redet hier von Abnehmen? Ich wollte mich doch nur wegen gesunder Ernährung informieren…
Ist das etwa ein und dasselbe?
Ich habe den Eindruck, dass in der Werbebranche kein Unterschied darin gesehen wird, ob man sich dazu entscheidet, sich gesund zu ernähren, oder abzunehmen. Für mich sind das nämlich zwei völlige Gegensätze.
> Bei Diäten findet oftmals eine Kalorienreduktion/ zufuhr statt. Der Esssplan wird insoweit reduziert oder angepasst, sodass das Zielgewicht im Fokus steht.
> Bei einer gesunden Ernährung findet kein spezifisches Auge auf die Kalorienanzahl gelegt. Der Fokus legt sich auf die Produkte, ihre Herkunft und ihre gesunde Wirkung. Kein Hungern und keinen permanenten Fokus auf die optische Wirkung der Ernährung.
> Es gibt natürlich jene Produkte, die in beiden Kategorien vorkommen. Spinat gehört sowohl zu einer gesunden Ernährung, als auch zum üblichen „Diätfraß“. Auch Obst ist in beiden Kategorien vertreten. Da schneidet sich die Spezifizierung natürlich, doch sie muss meiner Meinung nach unterschieden werden.
> Sich gesund ernähren bedeutet aber natürlich auch nicht, den Süßigkeiten gänzlich „Lebe wohl“ zu sagen. Eine ausgewogene Ernährung mit gesunden Lebensmitteln hat für mich keinen Druck, mal auch das zu essen, was man essen möchte.
Fakt ist: Gesund essen bedeutet nicht, eine Diät machen zu wollen. Ich könnte mir allerdings gut vorstellen, dass durch die Verknüpfung dieser beiden Aspekte das Gehirn über einen längeren Zeitraum einen Zusammenhang entwickeln könnte.
Mit diesem Beitrag wollte ich weder Werbungen kritisieren noch Diäten schlecht machen. Ich lade nur alle Leser herzlich dazu ein, das Leben in seinen Facetten gelegentlich zu reflektieren und hinterfragen. Denn manchmal entstehen Unstimmigkeiten, die nicht sein sollten. Und sich dem Ganzen bewusst zu sein, könnte manchmal von Vorteil sein.
Ein letztes Schlusswort: Ich bin weder eine Ernährungsberaterin, noch habe ich die Informationen aus einer seriösen Lieteraturquelle. Es handelt sich lediglich um meine Meinung, die natürlich nicht jeder teilen muss 🙂
Euch allen einen schönen Start in die Woche! ♥
Das hast Du sehr schön geschrieben, liebe Mia. Du vermagst auch ohne Ernährungsberaterin zu sein, zu differenzieren (übrigens nicht nur bezogen auf Dein Thema hier heute).
Ich habe zwar keine Essstörung, bin aber mit meiner Ernährung und bisweilen auch mit meinem eigenen Ernährungsverhalten, durchaus nicht zufrieden. Mit Deiner Meinung hier, kann ich mich aber sehr anfreunden.
Was für mich schwer zu händeln ist, ist die Sache mit Lebensmitteln, die an sich gesund sind oder als solche gehandelt werden, in denen es aber nach meiner Ansicht durchaus problematische Inhaltsstoffe gibt. Dabei stoße ich unter anderem vor allem immer wieder auf Zucker. Zum Beispiel Fruchtzucker, der ja in Obst grundsätzlich enthalten ist. – In dem Falle reichen mir oft Erklärungen wie: „Das richtige Maß machts“ nicht aus.
Geht Dir das auch so? Wie gehst Du damit um?
Ganz doll liebe Grüße an Dich! ❤
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Lieber Sternfluesterer,
Ich schließe mich deiner Meinung auf jeden Fall an. Natürlich ist Zucker in der Ernährung auch ein interessanter Faktor, den man bei diesem Thema nicht ausschließen sollte.
Ich glaube, dass fast alles, was man in Maßen genießt, eine gesunde Ernährung nicht beeinträchtigen würde. Solange der Gesundheitsfaktor im Schwerpunkt steht und nicht das Aussehen.
Es freut mich, dass du eine sehr reflektive Sicht auf deine Ernährung hast. Das Thema Inhaltsstoffe ist in der Tat sehr wichtig, selbst bei einer gesunden Ernährung. Mir ist auch der ökologische Aspekt nicht unwichtig, daher vermeide ich „gesunde“ Produkte, die einen langen Weg mit dem Flugzeug zurückgelegt haben und doppelt und dreifach mit Plastik umwickelt wurden. Aber das wäre schon fast einen neuen BEitrafg wert – danke für die neue Inspiration! 🙂
Und danke auch an dein Interesse an allen meinen Texten – auch wenn du keine Essstörung hast (zum Glück).
Viele, viele Grüße!!
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Ach, ich habe schon noch viel zu tun, was mein Ernährungsverhalten angeht. Was bislang schon mit am Besten klappt, ist, dass ich nur sehr wenige Lebensmittel wegwerfe. Ich bemühe mich, was einmal da ist, immer zu verwerten.
Deine Texte sind alle interessant. Wenn sie mit Essstörungen zu tun haben, so sind sie für mich doch allemal lehrreich, ich erfahre Neues, teilweise Unbekanntes, lerne Dinge besser zu verstehen und einzuordnen.
Im Übrigen schreibst Du ja nicht ausschließlich über Themen, die mit dem Essen zu tun haben. Zumindest ein bisschen kann ich sehr oft auch den „Menschen Mia“ hinter allem, mal direkter und mal mehr zwischen den Zeilen entdecken. Und das empfinde ich als schön …
Danke, dass ich Dich finden durfte und das Du jetzt da bist!
Abermals ganz liebe Grüße!
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Das freut mich sehr! Ich lerne im Übrigen auch viel über mich, wenn ich meine Gedanken schriftlich festhalte.
Das Kompliment gebe ich gerne zurück!
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Gut geschrieben – und so wahr. Gesunde Ernährung hat schon deshalb mit Gewichtsreduktion nicht viel zu tun, weil eine solche bei gesunder Ernährung nicht nötig sein wird (Stoffwechselkrankheiten mal ausgenommen). Gesund heisst für mich, dass ich alles esse, was ich essen möchte, nur halt in den Mengen, die mir gut tun. Das war ein furchtbar lange, anstrengender Prozess nach fast siebzehn Jahren Essstörung, aber es hat sich gelohnt. Ich lerne so langsam, wieder auf meinen Körper zu hören – und der sagt mir sehr genau, was er braucht (und wann). Ich glaube, das ist der Schlüssel zu gesunder Ernährung: Kein Körper will nur Gemüse und Obst, kein Körper will Unmengen an Protein, kein Körper will jeden Tag zwei Mal Fastfood oder jeden Abend Pizza. Das will der Kopf, weil der leider gelernt hat, dass es so sein muss (weil Lebensmittel X fett macht und daher verboten ist, weil gerade Stress ist und das nicht ohne Schokolade geht, weil es für den Muskelaufbau jeden Tag halbes Rind braucht…). Mein Kopf hat so ziemlich alles davon gelernt, und er wehrt sich manchmal noch immer gegen das, was der Körper sagt, aber ich habe die beiden auch mein halbes Leben lang gegeneinander ausgespielt. Braucht Zeit, wird aber. Und dann ist Ernährung plötzlich ganz einfach.
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Liebe Elín, so ist es! Das natürliche Bauchgefühl wird durch jene Diäten manipuliert, in den man ihm vorgaukelt, dass er nur von Gemüse, magerem Fleisch und ein bisschen Obst leben kann. Sobald ich merke, dass ich ein schlechtes Gewissen bekomme, weil ich auf etwas lieber verzichten möchte, versuche ich zu reflektieren, warum ich so denke und was es mir bringt. Vermutlich wird es noch eine ganze Weile dauern, bis ich diesen Punkt erreicht habe. Aber es freut mich sehr, dass du diesen Prozess nach so vielen qualvollen Jahren abgeschlossen hast. Damit wird das Leben auch wieder lebenswert:)
Viele Grüße!!
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Mir fällt das auch oft noch schwer, aber es wird immer leichter, je öfter ich den Mut habe, den Kopf ‚auszuschalten‘. Manchmal klappt es überhaupt nicht, und dann ist essen eben Vernunftssache. Ich weiss ja, was ich ungefähr brauche, und daran halte ich mich dann. Wird noch eine Weile dauern, bis mein Bauchgefühl wirklich zuverlässig ist, aber nach über sechzehn Jahren Essstörung kann ich nicht erwarten, dass das innerhalb von knapp zwei Jahren wieder vollständig klappt.
Also: Hab Geduld, liebe Mia. Das wird schon noch:).
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Das denke ich auch. Gesundheit ist ein Prozess und diese Phase sollte man nicht manipulieren, in dem man sich selbst zu sehr unter Druck setzt. Und alte Gewohnheiten lassen sich nunmal nicht von heute auf morgen beheben 🙂
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Stimme dir voll zu – gesunde Ernährung hat nicht zwangsläufig etwas mit Abnehmer zu tun – ganz und garnicht, denn man kann mit gesunder Ernährung auch zunehmen, es ist lediglich die Kalorienanzahl die über dein Körpergewicht entscheidet 🙂
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das finde ich auch. Zwei Snickers oder 10 Bananen sind von der Kalorienanzahl nicht so weit voneinander entfernt. Aber man muss natürlich auch hinterfragen, warum man überhaupt eine solche Diät vollzieht und „abnehmen“ will. Danke für deinen Kommentar!:)
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