Homeoffice und Essstörungen – Arbeiten von zu Hause und das Problem “Essen”

Seit über zwei Jahren besteht meine Haupttätigkeit im Homeoffice. Ich komme damit ganz gut über die Runden, habe aber festgestellt, dass sich meine Essstörung – je länger ich zu Hause rumsitze – hin und wieder bemerkbar machen.

Vom Arbeitszimmer ist es nicht mehr weit bis zur Küche.

In meinem Beitrag Essstörung und Gastronomie hatte ich euch bereits erzählt, welch Komplikationen es mit sich bringt, mit einer Essstörung im Service zu arbeiten und von Essen umgeben zu sein. Inzwischen habe ich festgestellt, dass das nicht ausschließlich für die Gastronomie gilt, sondern auch für das Homeoffice.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber wenn ich den ganzen Tag zu Hause bin, zieht es mich hin und wieder ganz automatisch in die Küche. Obwohl ich das Problem „Essen“ eigentlich ganz gut in den Griff bekomme, erwische ich mich hin und wieder dabei, wie ich viel zu oft den Kühlschrank öffne und was kleines nasche. Für viele sicher kein Problem, für mich allerdings schon. Ich möchte nie mehr in den Zwängen einer Essstörung gefangen sein, aber ich möchte auch nicht aus reiner Langeweile oder „weil das Essen eben da ist“ essen. Intuitive Ernährung bedeutet für mich ganz auf seinen Körper zu hören und dann zu essen, wenn der Körper Hunger verspürt.

Im Büro meiner Chefin habe ich dieses Problem nicht. 

Dort bin ich nämlich viel zu befangen, um jedes Mal in die Küche zu tapsen. Dort höre ich viel mehr auf mein Körpergefühl und unterscheide Appetit von Hunger. Es liegt also nicht daran, dass ich mich nicht zusammenreißen kann, sondern daran, dass die Essstörung nach wie vor eine gewisse Macht auf mich hat.

Was ist die Lösung? Nicht mehr von zu Hause arbeiten?

Das habe ich tatsächlich versucht. Ich bin in Cafés gegangen oder habe von Bibliotheken aus gearbeitet. Aber auf Dauer wurde das Ganze (besonders die Cafébesuche) etwas kostspielig und außerdem kann ich am besten von zu Hause aus arbeiten.

Konfrontationstherapie: Ein Schritt nach vorn und nicht zurück!

Jetzt, wo ich das Problem als solches wahrgenommen habe, schreit alles in mir instinktiv danach, mich der schändlichen Situation zu entziehen. So bin ich eben. Ich renne weg, wenn ein Problem auf mich zurollt. Aber genau darum geht es ja – ich muss ja „essen lernen“ und nicht ständig davor flüchten. Demnach habe ich mich dazu entschieden die Situation ganz bewusst zu ertragen. Eine Essstörung ist nämlich nicht wie eine typische Drogensucht, dessen Droge man für immer den Rücken kehren muss. Hier gilt es, die Droge weiterhin zu konsumieren und lernen, mit ihr umzugehen.

Deshalb kann ich es nur immer wieder predigen: Nicht aufgeben! Immer weitermachen! Auch nach einem Rückschlag! Auch nach zwei Rückschlägen! ♥

Kennt noch einer von euch das Problem bezüglich Essen am Arbeitsplatz? Esst ihr tendenziell auch mehr, wenn ihr den ganzen Tag zu Hause seid?

 

15 Kommentare zu „Homeoffice und Essstörungen – Arbeiten von zu Hause und das Problem “Essen”

  1. Isst du auf der Arbeit weniger, weil du dich nicht traust, oder bist du auf der Arbeit einfach besser vom Essen abgelenkt?

    Mir persönlich geht es so, dass ich das Essen vergesse, wenn ich viel zu tun habe und gut beschäftigt bin.
    Auf der Arbeit bin ich das jeden Tag, daher fällt es mir leicht, dort kaum was zu essen; wobei ich darauf achte, mittags zumindest ein bisschen was zu essen.

    Zuhause bin ich meistens nicht auf so vertiefter Ebene abgelenkt. Und ich finde es Zuhause angenehmer, zu essen. Am liebsten esse ich nämlich alleine in meinen eigenen vier Wänden.

    Es ist dann sehr unterschiedlich, wie es Daheim läuft:
    Meistens esse ich nach der Arbeit (oder am WE) eine ausgedehnte Mahlzeit, esse also nach dem eigentlichen Essen noch irgendwas „zum Naschen“. Danach höre ich idR aber auf und habe auch kein Verlangen, nach mehr.
    An schlechten Tagen esse ich dann weiter und übergebe mich anschließend. Es hat auch etwas mit „Nichtabschalten-Können“ zu tun nach der Arbeit oder auch mit PMS (?).

    Wenn ich ganz entspannt und ganztägig Zuhause bin, esse ich ein oder zwei kleinere Mahlzeiten und vermisse nichts. Oft sind das Tage, an denen ich irgendwie mehr Energie habe und in andere Sachen, als Essen, vertieft bin z.B. Aufräumen, ein Spiel am PC so zocken, dass ich darin richtig abtauche, etc..
    Irgendwann vor der ersten Mahlzeit des Tages habe ich dann dieses angenehme Trance-Gefühl und bin viel motivierter, mich zu bewegen und z.B. aufzuräumen, Wäsche zu waschen etc..
    Allerdings bin ich in dem Zustand noch kälteempfindlicher als sonst und habe eher bläuliche Hände. Hunger habe ich in dem Zustand nicht (mehr).
    Wenn das Frieren nicht so ausgeprägt wäre dabei, würde ich das mehr ausleben.

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    1. Sowohl als auch! Ich traue mich nicht, einfach so ständig in die Küche zu spaziere, kann dort aber auch deutlich wahrnehmen, ob ich überhaupt Hunger habe oder nicht. Ich bin dort allerdings auch besser vom Essen abgelenkt, weil ich etwas fokussierter arbeiten kann!#

      Hast du eine Lösung gefunden, wie du an schlechten Tagen damit umgehst oder wie und ob du dagegen ansteuern willst?

      Liebe Grüße!

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      1. Reizt dich denn viele Sachen zum Naschen, so dass du „immer wieder“ in die Küche gehst, ohne Hunger zu haben oder bewusst naschen möchtest?

        Lösungsmöglichkeiten für die schlechten Tage habe ich an sich. Am nachhaltigsten funktioniert bei mir, gar nicht erst allzu viele Süßigkeiten Zuhause zu haben (normale Lebensmittel reizen mich nicht). Um extra einkaufen zu fahren, bin ich abends nach der Arbeit idR zu bequem. Wenn ich dann abends nach Feierabend in meiner typischen generellen „scheißegal-Laune“ bin, ist die unschädlich, weil einfach nichts da ist, was mich in Versuchung bringen könnte.

        Und je seltener ich das mit dem Zuviel-Essen-Kotzen überhaupt mache, desto weniger reizt mich das Ganze überhaupt. Es ist vieles dabei Gewohnheitssache, so empfinde ich das.
        Die Macht der Gewohnheit kann eben in eine destruktive oder konstruktive Richtung gehen. Deshalb hilft mir z.B. ein gewisser Entzug von Süßigkeiten, indem ich z.B. nur so Wassereis hier habe, aber eben kein anderes Eis, Schokolade, Kekse oder ähnlichen Kram.

        Der „Mini-Entzug“ muss nicht lange dauern; eigentlich reichen wenige Tage und danach kaufe ich auch wieder eine Chipstüte, Eis oder Ähnliches, und kann mir das nachfolgend einteilen. Mit einteilen meine ich, dass cih z.B. den einen Tag die Chipstüte aufesse, aber nicht auch noch alle anderen Süßigkeiten (was dann wieder zum Übergeben führen würde). Ich habe es nicht so damit, nur drei Chips oder so zu essen; da fällt es mir leichter, sowas erst gar nicht zu essen.

        Na ja und die Grenze bei dem „moderat Süßigkeiten einkaufen“ kann schmal sein, weil ich ggf. dann doch den einen Tag habe, wo die Scheißegal-Laune zuschlägt. Also es ist mir dann wirklich einfach egal, wie wenig sinnvoll das Zuviel-Essen und anschließend Übergeben ist und ob das gesundheitsschädlich ist; ich mag in der Situation das Destruktive daran und das „Nicht-Funktionieren-Müssen“.

        Mittelfristig ist es wohl am besten, den Alltagsstress zu reduzieren, bei mir eben im Beruf, bzw. damit anders umzugehen und abends z.B. lieber Sport zu machen oder anderes. Einen gewissen Zeit- und Fristendruck bzw. Stresspegel habe ich immer im Beruf, das lässt sich von meiner Seite aus nicht begrenzen; da hätte ich einen anderen Beruf wählen müssen. Es gibt da eben Tage, die ätzender und stressiger sind, als andere, und andersherum auch Tage, die gut laufen und relativ stressarm sind. (Das kann sich aber immer kurzfristig noch ändern am Tag.)

        Wie läuft es bei dir derzeit mit dem „Zuviel Naschen, weil zu viel Zuhause“?

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      2. Sowohl als auch – also Essen aus Langeweile und Essen, weil ich „Bock“ aber nicht wirklich Hunger habe 🙂 Aber nach den drei Wochen Quarantäne hat sich mein Rhytmus ganz gut eingependelt! Ähnlich wie du hat mir ein mini Entzug geholfen! Und ja, je seltener die Abstände sind, in denen man in siene alten Verhaltensmuster rutscht, desto besser!

        Liebe Grüße!

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  2. Ich finde den Ansatz, das Home-Office nicht zu meiden, gut. Konfrontationstherapie ist sicherlich hilfreich, auch um die Angst davor, zu Hause dem Essen „ausgeliefert“ zu sein, zu mindern. Bitte sei aber nicht zu streng mit dir. Ich habe schon von vielen Leuten, von denen ich mir sehr sicher bin, dass sie keine Essstörung haben, gehört, dass sie Zuhause einfach automatisch mehr essen. Das liegt wirklich daran, dass es in der Nähe ist, man allein ist, weniger Ablenkung, vielleicht sogar Langeweile hat. 100 % intuitiv kann ein „normales“ Essverhalten auch nicht immer sein. Wichtig ist, dass man sich dafür nicht verurteilt, denke ich.

    Aber klar, gerade, wenn man eine Essstörung hat oder hatte, muss man aufpassen, Essanfälle vorbeugen und lernen, mit Triggern umzugehen. Ich finde, ein geregelter Zeitplan mit Pausen zwischendurch, in denen man auch mal rausgeht und zum Beispiel einmal um den Block läuft, ist hilfreich. Auch, wenn man nicht den ganzen Tag, sondern vielleicht einen halben Tag zu Hause ist und dann fürs Mittagessen in den Park geht. Funktioniert zumindest im Sommer. 🙂

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  3. Hallo Mia!

    Kann es sein, dass du – wenn du zu Hause arbeitest – zu wenig Pausen machst? Essen kann auch für „Pause machen“ stehen. Wenn du eine Pause brauchst um wieder neue Energie zu schöpfen, kann das im übertragenen Sinn auch das Essen sein. Du machst dadurch eine Pause (gehst in die Küche) und isst etwas (das bringt dir Energie).

    Das war lange Zeit mein Problem. Vielleicht lohnt es, da mal auf diesen Punkt zu schauen.

    lg, Maria

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    1. Ja, das wird es definitiv sein – allerdings mit dem Unterschied, dass ich zu viele Pausen mache, weil ich mich nach bestimmten „Mittagszeit“-Regeln halten muss! Mein Problem ist glaube ich nicht, dass ich zu wenig Energie bekomme, sondern zu viel zwischendurch nasche, weil das Essen irgendwie in greifbarer Nähe ist!

      Liebe Grüße!

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  4. Ich kenne dieses Phänomen auch. Wenn ich Zuhause lerne oder etwas für die Uni mache, tendiere ich auch dazu, mehr zu essen, als ich bräuchte. Wenn ich hingegen in der Uni bin oder auf der Arbeit esse ich wirklich nur, wenn mir der Magen knurrt.
    Ich glaube, das liegt irgendwie daran, dass im Kopf die Verbindung „Zuhause – Essen ( – Essanfall/Emotionales Essen) existiert, an den anderen Orten hingegen nicht. Beziehungsweise dass man dort immer die „Beobachtung“ durch andere oder den Mangel an verfügbarem Essen hat. Ersteres führt (bei mir) dazu, dass ich tendenziell weniger esse (wobei das bei mir wohl auch noch an diesem Gedanken „Ich muss stärker als die anderen sein und zeigen, dass ich weniger Essen als sie brauche“ liegen könnte, wenngleich ich diesem Gedanken bereits ziemlich gut und aktiv entgegen wirke und aus Prinzip eher „Ja“ zum Essen sage). Letzteres hat bei mir den Effekt, dass ich eben nur das essen kann, was da ist und kein unnötiges Geld für Dinge ausgeben möchte, die ich entweder günstiger anderswo kaufen könnte oder selber daheim habe.
    Zuhause wiederum sehe ich das Essen die ganze Zeit, auch weil ich einer Einzimmerwohnung lebe. Allerdings habe ich mir Zuhause die Regel gesetzt, dass ich ausschließlich am Esstisch esse und nicht am Schreibtisch, auf dem Sofa oder im Bett, um es einfach so weit wie möglich räumlich zu trennen.
    Wäre es denn eine Möglichkeit einen Zettel an den Kühlschrank zu kleben, der dich auffordert zu hinterfragen, warum du etwas zu essen suchen möchtest? Oder der an ein paar bewusste Atemzüge erinnert?

    Liebe Grüße!

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    1. Danke für deinen Kommentar 🙂 Deine Ergänzung, dass das zu Hause an sich triggert, weil man dort in seinem Element ist und das Essen ist greifbarer Nähe ist, finde ich sehr wichtig! Draußen zu essen/arbeiten fällt mir wie gesagt auch immer leichter! Lustigerweise esse ich zu Hause inzwischen auch immer nur noch am Esstisch! Ich habe mir auch angewöhnt, nichts mehr dabei zu tun – also nicht aufs Handy zu schauen oder fern zu sehen! Darüber schreibe ich vielleicht auch nochmal einen externen Post 🙂

      Liebe Grüße!

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  5. Ich esse im Büro mehr und ungesunder als zuhause. Da ist halt alles vorhanden, der Bäcker gegenüber, der Selecta-Automat und die Kantine. Leider gibt es nur sehr wenige gesunde Alternativen. Und immer etwas mitzunehmen ist mir auf Dauer auch zu mühsam. Nun bin ich seit mehreren Wochen im Home Office und esse sehr viel gesünder. Wenn ich einen Snack will, hat es halt Bananen oder Äpfel die rumliegen und nicht Schokolade im Automat. Schokolade kaufe ich gar nicht erst und so ist auch die Versuchung nicht da. Ich bin ein fauler Mensch und wenn ich einen Snack will, esse ich das was da ist 😀
    Zudem habe ich eine Ernährungsberatung gestartet und muss nun meine Mahlzeiten in einem engen vorgegebenen Rahmen zusammenstellen. Schokolade, Zucker, Alkohol etc. sind nicht erlaubt und erstaunlicherweise fällt es mir sehr leicht, darauf zu verzichten. Ich muss nicht mehr mit mir selbst kämpfen, ob ich mir jetzt die Schokolade erlauben darf oder nicht, sondern ich habe eine Regel von aussen. Der innere Kampf ist weg, weil es einfach nicht mehr erlaubt ist. Und so lenke ich den Fokus auf erlaubte Alternativen anstatt mich damit auseinanderzusetzen, was ich alles nicht mehr haben darf. Statt Alkohol am Abend gibt es einen leckeren Früchtetee. Statt Schokolode als Snack gibt es Joghurt und Früchte mit etwas Süssstoff. Ich hatte eigentlich erwartet, dass es hart wird, aber es ist im Gegenteil sogar leichter, so zu verzichten als vorher. Vielleicht auch, weil ich immer genug essen kann, satt werde und somit nicht wirklich das Gefühl habe, verzichten zu müssen. Und weil mein Fokus darauf liegt, was ich heute noch alles essen und trinken „muss“, anstatt was ich nicht essen und trinken darf.

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