Mein Silvester vor vier Jahren – als meine Essstörung begann

Kennt ihr das, wenn ihr eine Gegebenheit so erfolgreich verdrängt, dass ihr sie völlig vergesst? Bei mir war es das Silvester vor vier Jahren.

Natürlich erinnere ich mich noch daran, was ich unternommen hatte. Ich war mit meiner besten Freundin in einem Berliner Club mit großartiger Aussichtsplattform und hatte mich blenden amüsiert.

Was ich jedoch völlig vergessen hatte, was der restliche Tag davor.

Er begann damit, dass ich mich wie üblich auf die Waage stellte. Ich hatte zu dem Zeitpunkt meine „Anorexie-Phase“ abgelegt und war zu regelmäßigen Essanfällen übergegangen. Dementsprechend wog ich mehr und das frustrierte mich.

Ich ging also früh morgens zum Sport, denn meine Bulimie drückte sich damals in Form von exzessivem Sport als Kompensation aus. Nach zwei Sportkursen und rund tausend Kilokalorien weniger, fuhr ich nach Hause und frühstückte. Ich machte mir einen Quarkbecher mit Früchten, aber da mir damals jegliches Sättigungsgefühl fehlte, wusste ich nicht, wann ich satt war. Ich nahm mir also nach und aß einen weiteren gigantischen Quarkbecher, der mich bis zum Abend vollstopfe.

Obwohl ich abends nicht hungrig war, wollte ich vorher was essen, um nicht später im Club hungrig zu werden. Und da ich schon beim Sport war und abends ganz viel tanzen würde, erlaubte ich mir 2 Toastbrote Käse (zwei Nahrungsmittel, die ich monatelang nicht angerührt hatte). Da ich allerdings völlig vergessen hatte, wie lecker ein Toast mit Käse ist, aß ich noch mehr von ihnen. Nicht zu viele, sodass ich Bauchweh bekam, aber genug, um mich wie eine gefüllte Gans zu fühlen und mit einem aufgeblähten Bauch zum Club zu marschieren.

Dort angekommen tanzte ich mir die Seele aus dem Leib. Ich musste die Kalorien verbrennen, ich musste das Essen kompensieren. Ich musste weniger wiegen.

Am nächsten Tag wog ich mehr.

Mir war damals nicht klar, wie der Körper tickt und dass dieser überwiegend Wasser speichert und kleinere Gewichtsabweichungen völlig normal sind. Aber ich startete das Jahr unglaublich frustriert und traurig und „angeblich“ dick.

Silvester heute

Inzwischen sind einige Jahre vergangen. Die Essstörung ist zwar noch mein Begleiter, allerdings nicht mehr der einzige! Im selben Zug sitzen auch die Hoffnung und die Heilung!

Dieses Jahr ist die Waage nicht mehr Teil meines Lebens. Der exzessive Sport ist es auch nicht, genauso wenig wie das fehlende Sättigungsgefühl.

Ich werde dieses Silvester in einer ruhigen Atmosphäre verbringen -nur mit meinem Freund und ich. Zu Hause bei mir. Es wird unspektakulär, aber gemütlich! Wir haben uns schon darauf geeignet, was wir kochen werden und für ein Rezept entschieden, das mir sehr leicht fällt zu essen.

Fakt ist, dass es besser wird. Von Tag zu Tag, von Monat zu Monat. Von Jahr zu Jahr. Mit diesen motivierenden Worten verlasse ich das Jahr 2018. Es war ein holpriges, aber auch sehr schönes.

Wir sehen uns im nächsten Jahr wieder! ❤️🎉

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19 Kommentare zu „Mein Silvester vor vier Jahren – als meine Essstörung begann

  1. Liebe Mia,

    deine letzten Absätze lösten in mir Freude aus. Freude darüber, wie felsenfest Du zu Dir selbst stehst und Deinen Weg gehst … auch wenn er holprig ist. Menschen wie Du, sind unglaublich inspirierend und ein Vorbild für alle, die lieber den Kopf in den Sand stecken würden.

    Einen Guten Rutsch in ein neues Jahr wünsche ich Dir und lass‘ jeden Tag im neuen Jahr für Dein Wohl arbeiten. 🙂

    Liebe Grüße
    Serap

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  2. Immer wieder spannend, wenn man so auf die letzten Jahre zurückblickt und merkt, wie sehr sich doch vieles (zum Guten) verändert hat. Ich finde, du kannst sehr stolz auf dich sein! 🙂 Zum Beispiel finde ich es klasse, dass du dir schon Gedanken dazu gemacht hast, wie es mit dem Essen heute Abend ausschaut. Das ist doch eine gute Prävention… Ich wünsche dir einen guten Rutsch. Hab einen schönen, gemütlichen Abend und komm gut ins neue Jahr! 🙂
    P.S: Ich find’s spannend, über dein Verhältnis zu Sport zu lesen… Du hast ja schon einmal früher etwas dazu gepostet, aber falls du Lust hast darüber zu erzählen, würde es mich total interessieren, wie du aufgehört hast, (extrem) viel Sport zu machen. Ich merke einfach selbst, dass es mir total schwerfällt, von der Sportsucht loszukommen, weshalb ich es toll finden würde, mal von deinen Erfahrungen zu lesen. Nur, falls dir zu dem Thema noch etwas einfällt und du auch davon berichten möchtest. 🙂

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    1. Danke für deine lieben Worte 🙂 ja, ich mache solche Rückblicke regelmäßig, um zu reflektieren, was sich bis jetzt getan hat!

      Sehr gerne kann ich mal über mein Verhältnis zum Sport schreiben und dem Aufhören davon erzählen. Vielleicht in einem nächsten Beitrag 🙂

      Liebe Grüße!

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  3. Was für ein Weg! Und was für wunderbare letzte Zeilen! Mehr muss ich nicht schreiben, glaube ich. Du weißt schon alles … 😉

    Allerliebste Grüße an Dich, hab‘ einen richtig schönen Silvesterabend. Mit das allerschönste am neuen Jahr ist, Dich darin wieder zu haben! ❤ Meine Wünsche für Dich kennst Du schon alle! ❤

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  4. Ich kann. Mich allen nur anschließen, diese positivität in deinem Werdegang und diesem Beitrag sind wundervoll!
    Es ist schön, dass du dir die Zeit genommen hast, diese Bilanz zu ziehen… Denn du kannst wirklich stolz auf das sein, was du tagtäglich schaffst!
    Mit viel Hoffnung und Vertrauen in das neue Jahr! 💕

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