Meine Dozentin gab uns einst folgenden Rat: „Wenn der Tag vorbei ist und ihr im Bett liegt, dann denkt an mindestens eine Sache, die heute schön war. Und sei sie doch so banal.
Mir gefiel dieser Gedanke. Ich erhoffte mir dadurch mit einem friedlichen und guten Gefühl in den Schlaf zu fallen, ungeachtet dessen, wie der Tag verlief.
Ich hatte seit jeher Schlafprobleme. Nicht, dass ich von Albträumen heimgesucht wurde (zum Glück), ich war einfach so gestresst, dass mein Kopf den ganzen Tag ratterte und ich nachts – egal wie müde ich war, mit offenen Augen im Bett lag. Manchmal wachte ich mitten in der Nacht auf und konnte anschließend nicht mehr schlafen, weil mir noch einfiel, was ich alles zu erledigen hatte. Und als ich endlich in den Schlaf glitt, fühlte es sich so an, als klingelte der Wecker eine Minute später.
Ich riss also genervt und unglaublich müde die Augen auf, stellte meinen Handy (der Wecker des 21. Jahrhunderts) aus und wachte langsam auf. Natürlich fragte ich mich, wie ich diesem Teufelskreis entkommen konnte, denn einfacher würde mein Leben nicht werden, und irgendwie musste der Körper doch zur Ruhe kommen. Ich habe natürlich vieles ausprobiert – Schafe zählen, beruhigende Musik hören, meditative Übungen machen…
Und dann erzählte die Dozentin uns von ihrem Abendritual. Und ich fand Gefallen daran. Also setzte ich es um.
An jenem Abend lag ich also im Bett und dachte an alles, was heute positiv war.
„Ich habe heute pünktlich die Bahn bekommen – Ich hatte echt ein richtig gutes Brot beim Bäcker – Meine Haare saßen genau, wie ich wollte -Ich habe mich im Seminar zwei mal getraut zu melden – Es gab die leckeren Gnocchi in der Mensa – Ich habe heute ein echt cooles Lied entdeckt – Ich habe fast alles auf meiner to-do List geschafft – Ich habe die verschollene Fernbedienung durch Zufall wieder gefunden – …
Ich war überrascht, wie viele „banale“ Dinge mir einfielen, obwohl ich annahm, dass der Tag schlecht war.
Die positive Wirkung
Die Wirkung zeigte sich erst mit der Zeit. So wie Medikamente, die ihre Zeit brauchen, um im Organismus anzukommen. Doch schließlich erreichte sie mich.
- Ich lernte allmählich, mich über die einfachsten Dinge zu erfreuen. Neulich zum Beispiel habe ich 2 Euro in meiner Winterjacke vom letzten Jahr gefunden und wie ein kleines Kind an Weihnachten gegrinst. Das Gefühl hielt noch lange an.
– - Während ich meinen Tag reflektierte und über all die positiven Dinge nachdachte, glitt ich immer schneller in diesen vertrauten Rhythmus und fühlte mich gut dabei, den Abend positiv abzuschließen.
_ - Der Schlaf wurde wieder ein Ort der Erholung und Ruhe und bleib (meistens) fern von gedanklichen Auseinandersetzungen.
Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber mir hat es sehr viel gebracht, den Abend mit meinem kleinen Abendritual abzuschließen. Es ist natürlich tagesabhängig, wie viel Gutes passiert und ob das Negative am Tag überwiegt, aber schlussendlich habe ich für mich eine neue Sichtweise entwickelt. Der Fokus auf die schönen, banalen Dinge im Leben macht einfach alles leichter.
Zwar habe ich diesen Rat schon einige Male weitergegeben, doch nicht jede/r schien von diesem Gedanken so begeistert, wie ich. Trotzdem möchte ich diese Tatsache mit euch teilen und euch vielleicht ein wenig Mut dabei zusprechen, wenn ihr es beim Einschlafen manchmal auch so schwer habt, wie ich.
Übrigens ist es nicht nur ein positiver Effekt für den Schlaf, sondern für das ganze Leben. Wie bereits erwähnt, schätze ich seitdem so viele positive Momente im Alltag und versuche ihnen immer einen stärkeren Wert zu verleihen. Denn wie schön wäre das Leben, wenn wir all die schönen Momente nicht mehr verpassen, sondern genießen und verinnerlichen würden? ♥
Hallo Mia,
eine sehr schöne abendliche Aufgabe. Ich träume mich vorm Einschlafen lieber in eine Wunschsituation. 😉 Eine Angewohnheit seit Kindertagen.
Ich führe seit Mai 2017 ein Dankbarkeitstagebuch. Jeden Tag oder auch einmal die Woche schreibe ich all die positiven Erlebnisse des Tages oder eines bestimmten Zeitraumes hinein. Kurz und knapp, auch wenn es noch so banal ist. Wenn es mir an dem Tag gut tat, wird es festgehalten. Das zeigt mir auf, dass ich nicht jammern brauche. Jeden Tag passieren mir angenehme Dinge, die ich in der Vergangenheit oftmals übersah oder nicht als das Gute erkannte. Mir hilft das ungemein, mich auch an Kleinigkeiten zu erfreuen. Die Erwartungshaltung und die eigene Ungeduld gaukelt einem doch recht häufig eine gewisse Unzufriedenheit vor. Jedes Tal hat mind. einen Berg. Jede Münze zwei Seiten und nach der dunklen Nacht, folgt – immer – ein hellerer Morgen. Überall verstecken sich positiven Seiten, die man nur erkennen muss. 😉
Dir ein tolles WE und danke für deine Einblicke.
Liebe Grüße
Michaela 🙂
LikeGefällt 1 Person
Liebe Michaela,
Da hast du wirklich ein tolles Abendritual für dich entdeckt! Es kommt mir bekannt vor, denn trotz unterschiedlicher Ausführung vermitteln unsere abendlichen Gedanken eine ähnliche Wirkung! Der Fokus auf die guten Dinge im Leben kann so erfüllend sein! Und mit diesem Gedanken in den Schlaf zu fallen, erst recht!
Viele Grüße und dir auch ein schönes Wochenende! ☺️
LikeLike
Liebe Mia, es ist wie es ist: Ich bin dauernd beeindruckt von Dir! Das meine ich ganz grundehrlich.
Es ist in meinen Augen ein großes Vermögen, sich so auf einzelne Momente des Tages fokussieren, und, obwohl es an sich kein guter Tag war, so viel Positives aus ihm herausfiltern zu können. Und es ist für mich wie für einen staunenden Jungen, der mit offenem Munde dasteht, wenn ich Deiner Schilderung entnehme, dass sich dieses wiederholte Tun tatsächlich auf Dein „Schlafverhalten“ ausgewirkt hat.
Du bist einerseits unglaublich empfindsam, sensibel, andererseits aber auch sehr fokussiert, diszipliniert – Dir gelingt es, rationale Extrakte aus Deinen Emotionen zu gewinnen und dann gezielt für Dich einzusetzen. Vielleicht gar zum Teil unbewusst.
Und ja, das beeindruckt mich wirklich zutiefst. Und es lässt mich innerlich ganz viel Freude empfinden für Dich, weil es Dir so hilft, Dein Vermögen!
Ich habe auch ein abendliches Ritual. – Ich denke ganz bewusst an Menschen, zuerst an jene, die ein Zimmer in meinem Herzenszuhause haben, ALLE, die darin leben (dazu gehören auch Menschen, zu denen ich jede reale Bindung verloren habe und auch einige die nicht mehr am Leben sind). Ich denke an sie, hoffe und bitee für sie, schicke meine Wünsche für sie ins All. – Und das erweitere ich dann für all jene, die in Not sind, die unterdrückt werden, die Krieg erleben müssen, die krank sind, die vergessen werden usw.
Ich habe dieses Ritul schon lange und womöglich, ja wahrscheinlich, wirkt es sich auf mich unmittelbar nicht immer gut aus, weil es durchaus dazu angetan ist, mein Gedankenkarussell zu befeuern. Aber es ist mir wichtig, ein Bedürfnis. Wenn ich ihm nicht mehr nachginge, würde ich, das denke ich ziemlich sicher, auf keinen Fall besser in den Schlaf finden.
Von Herzen liebe Grüße an Dich!
LikeLike
Lieber sternfluesterer, ich danke dir vielmals!!
Deine wunderschönen Worte sind immer wie Balsam für meine Seele!
Mir gefällt dieser Austausch unserer Abendrituale. Es überrascht und freut mich sehr, dass so einige von uns den Abend nach einem bestimmten Muster beenden. Dein Ritual versprüht einen sehr harmonischen Charme, welches einerseits so friedlich und andererseits vertraut ist. Wenn du sagst, dass es sich nicht immer positiv auf dich auswirkt, dann könntest du es vielleicht einen Abend lang mit meinem Ritual ausprobieren? Vielleicht hilft es ja, nochmal den Individuen Tag zu reflektieren und mein Schema mit deinem zu verbinden?:)
Schönen Abend und eine gute Nacht wünsche ich dir!!
LikeLike