Öffentliche Essanfälle bei besonderen Anlässen

Man könnte meinen, ich bin eine schlechte Freundin. Denn jetzt in diesem Moment lasse ich sie ziemlich hängen. Sie haben sich zu einem Filmabend verabredet und erwarten mich. Doch ich werde nicht kommen. Denn ich fürchte mich vor dem Essen, das es dort geben wird.

Ich teile hier meinen aktuellen Umstand einer „banalen“ Einladung und meiner gigantischen Furcht davor mit euch.

Das Essen in der Öffentlichkeit

In meinem eigenen vier Wänden fühle ich mich von der Außenwelt weder bedroht noch verurteilt. Niemand sieht was und wie viel ich esse.

In der Öffentlichkeit ist es automatisch „gestellt“. Ich bin nicht mehr „ich“, sondern die Person, die sich ordentlich zusammenreißt. Das Essen funktioniert, insoweit ich die Menge abschätzen und das Gericht wählen kann. Im Restaurant oder bei der Bäckerei klappt das gut!

Essen bei besonderen Anlässen

Bin ich zu einem Geburtstag eingeladen oder wie in diesem Fall zu einem Filmabend, dann sieht das Ganze anders aus. Ich komme und werde von individuellen Gerichten förmlich erschlagen. Meistens bringen wir alle etwas mit und da sich kaum einer die Mühe macht, etwas aufwändiges zu kochen, so bestehen die Snacks aus Schokolade, Gummibärchen, Chips und süßen Getränken. Meine bittersüße Hölle.

Essanfälle bei besonderen Anlässen

Nicht selten gingen die Abende für mich ziemlich schlimm aus. Um mich vor Essanfällen zu schützen, kam ich zum Teil bereits gesättigt dort an und entschuldigte mich dafür, dass ich heute nicht so viel essen könne, weil ich ja noch „pappsatt“ war. Das funktionierte so lange gut, bis ich aus Pflichtgefühl doch den Muffin der Gastgeberin probierte. Und nach einem zweiten Muffin und einem kleinen Cracker war der Damm gebrochen.

Ich aß langsam und nahm die Mengen der anderen. Trotzdem war ich diejenige, die am Ende die meisten Gummibärchen und die ganze Schokoladentafel verputzt hatte. Keiner achtete darauf, wie oft ich mir nach nahm. Abgesehen davon machte es den anderen Spaß, sich ausnahmsweise mal so richtig schön „vollzustopfen“. Allerdings hörten diese auf, sobald ihnen schlecht wurde.

Ich kehrte jedes Mal mit quälenden Bauchschmerzen zurück, weil ich zu viel gegessen hatte. Tatsache war nämlich, dass nette Abende wie diese nichts als ein Trauma in meiner Erinnerung hinterließen. Die Bauchschmerzen hielten rund 2 Tage an, ohne dass ich auch nur irgendwas zu mir nehmen konnte.

Keine Party, keine Bauchschmerzen!

Heute habe ich mich dazu entschieden, spontan abzusagen. Sie sind ein bisschen traurig, denn wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen und uns auf den gemeinsamen Filmabend gefreut. Aber nachdem sie vorhin ein Foto vom vielen Essen in der Whatsapp Gruppe geschickt haben, stand ich felsenfest zu meiner Entscheidung. All das reichhaltige Essen hätte mich erneut getriggert. Und nach den intesiven Monaten voller schwerer Momente wollte ich es einfach nicht riskieren.

Einerseits freue ich mich, einem gigantischen Essanfall zu entgehen, andererseits macht es mich traurig, weil ich mich aus meinem sozialen Kreis abgrenze. Ich bin nach all den Jahren noch immer nicht fähig, auf mein „Bauchgefühl“ zu hören und fürchte mich davor, irgendwann nicht mehr eingeladen zu werden.

Aber so viel zu meinen öffentlichen Essanfällen bei besonderen Anlässen. Sie sind  leider ein Bestandteil meiner Essstörung. Ich habe sie und kann sie nur dann vermeiden, wenn ich auch die Veranstaltung meide.

Dennoch bereue ich die Entscheidung nicht. Ich bin eben noch nicht soweit. Aber hoffentlich irgendwann. Und wenn es soweit ist, werde ich glücklich in den Kuchen beißen, ihn voller Freude genießen und beiseite legen, weil er keine Macht mehr über mich hat.

Nun zu einer Frage, die mir kürzlich gestellt wurde: Warum schreibe ich in einem so „persönlichen“ Stil? Mit den privaten Gedanken wie in einem Tagebuch?
Nun, die Antwort lautet, dass ich zu 100% sicher bin, dass es mindestens einen Menschen auf der Welt gibt, der ähnliches durchlebt. Und wenn diese Person das liest, dann soll sie sich hoffentlich weniger allein und mehr verstanden fühlen. Ich hoffe, die Frage ist damit beantwortet:)

Habt alle einen schönen Montag! ♥

5 Kommentare zu „Öffentliche Essanfälle bei besonderen Anlässen

  1. Oh man, vielleicht bin ich heute irgendwie überemotional, aber bei deinem letzten Satz, dem „Warum“, hatte ich gerade echt Tränen in den Augen. Das was du beschreibst, geht mir zu 100 % auch so. Wie viele Abende ich schon genau deswegen abgesagt habe. Traurig, weil man dadurch so viel Lebensqualität verliert. Die einzige Möglichkeit die ich noch sehe ist, sich jemanden aus dem Freundeskreis anzuvertrauen. Aber die Wahrscheinlichkeit, nicht akzeptiert oder zumindest nicht verstanden zu werden, ist so hoch. Wer kann auch nachvollziehen, dass einem ein Raum voller Essen so viel Angst bereiten kann, wenn man es nicht selbst erlebt (hat).

    Gefällt 1 Person

    1. Ja, es ist wirklich schwer:/ bei mir wissen es zum Teil sogar einige, aber die Erfahrung, bing verstanden zu werden, habe ich leider auch gemacht. Letztlich sollte man sich jedoch nur mit Menschen abgeben, die einem ein gutes Gefühl geben! Und besser ist es wohl abzusagen, als sich in eine unangenehme Situation zu zwingen…aber hoffentlich bleibt das nicht immer so!

      Ganz liebe Grüße!<3

      Gefällt 1 Person

      1. Das stimmt, so ist zumindest die Gefahr gebannt! Genauso mache ich es zum Beispiel auch beim einkaufen… die „gefährlichen“ Lebensmittel einfach im Supermarkt lassen und gar nicht erst mit nach Hause nehmen. Wirkt zwar, aber ewig kann das auch nicht so gehen. 😌

        Gefällt 1 Person

  2. Ja, so Veranstaltungen, wo es ein Buffet gibt, wo man „sich so oft nachholen kann wie man will“, sinmd nicht einfach. Selbst für mich, liebe Mia, stellen die regelmäßig eine Herausforderung da, weil ich immer wieder bemerke, dass ich bei solchen Gelegenheiten mehr esse als ich will un d vor allm brauche. – Nu hat das bei mir nicht so fatale Folgen, jedenfalls nicht unmittelbar oder „gleich sichtbar“, aber ich habe mich im Nachhinein doch schon oft über mich geärgert.

    Zwar bin ich kein fanatischer Kalorienzähler aber auch ich habe so meine Ziele und Vorstellungen, und die erreiche ich nicht, wenn ich nicht gezielt verzichte oder mir eben immer wieder „Ausrutscher“ leiste. Ich jage keinem Schönheitsideal nach – ich bin und werde weder ein George Clooney noch ein Brad Pitt, so was liegt mir auch völlig fern. – Aber ich habe so einen „Wohlfühlbereich“ innerhalb dem ich mich bewegen und klarkommen möchte.

    Die frage wann man wo dann auch ganz direkt „Nein“ sagt, ist keine einfache, zumal dann nicht, wenn es einem grundsätzlich schon nicht so leicht fällt unter Menschen zu gehen. Am einfachsten und konsequentesten bekomme ich das hin, wenn es um Alkohol geht. Betrunkene Menschen (schon „nur Angetrunkene“) machen mir Angst. Selbst Familienzusammekünfte habe ich deshalb schon abgesagt.

    Weil ich dort um Menschen wusste, die mich mehr oder weniger die ganze Zeiut anquasseln, nachfragen oder sogar aufziehen würden, weil ich halt wirklich allenfalls nur sehr wenig Alkohol trinke.

    Ich denke, Deine Konsequenz Veranstaltungen abzusagen, ist gut und richtig – midestens jetzt, wo Du eben selbst bemerkst, dass Du wenigstens nioch ein Stück gehen musst. – Vielleicht kannst Du ja die eine oder andere Freundin nach und nach mal für ein Zweiertreffen einladen und versuchen, dies zu nutzen, Deine Situation ein wenig zu erklären und warum Du deshalb öffentliche Treffen, bei denen es Essen gibt, eher meidest. – Wenn zwei, drei verständige Freundinnen darunter sind, kannst Du es vielleicht schon bald riskieren doch wieder zu so einem Treffen zu gehen, weil Du dort dann moralischen und sicher auch tatsächlichen Beistand hättest.

    Ich wünsche Dir zwei, drei solche Freundinnen …

    *

    Übrigens finde ich Deine Motivation so zu schreiben wie Du schreibst ganz großartig. Sie ist ebenso mutig wie authentisch und immer wieder eine Einladung. Und zwar, so finde ich, keinesfalls nur für Menschen, die Ähnliches durchlebt haben oder durchleben wie Du. – Es ist eine Einladung für all jene, die bereit sind oder sein wollen, ein Stückchen über den eigenen Tellerrand zu schauen, die Rücksicht und Empoathie im menschlichen Miteinander, beginnend im ganz Alltäglichen, schätzen und pflegen wollen.

    Genau das war übrigens meine Anfangsmotivation wiederzukehren auf Deinen Blog hier, nachdem ich das erste Mal gelesen hatte. Inzwischen ist (natürlich) noch mehr hinzugekommen, die Themanvielfalt, die Du ansprichst zum Beispiel und, längst natürlich DU selbst, die Du ein bezaubernd einfühlsames, kluges, im besten und wahrhaftigsten Sinne menschliches Wesen mit einem schönen Charakter verkörperst.

    So KANN ich immer wieder nur viele gute Wünsche für Dich haben. So auch heute, und eben heute besonders mit Blick auf Deinen aktuellen Eintrag hier.

    Ganz viele und nur ganz liebe Grüße an Dich! ❤

    Gefällt 1 Person

    1. Dein letzter längerer Absatz hat noch sehr gerührt, lieber sternfluesterer! Ich kann gar nicht in Worten beschreiben, wie froh ich darüber bin, so viel Anteilnahme, Zustimmung und Verständnis zu bekommen!

      Scheint, als würdest du meine Situation gut nachvollziehen können. Auch Buffets sind immer schwierig und bei den Alkoholkonsum ist das ganz ähnlich. Man wird von „zu viel“ erschlagen und verfällt in eine Art Größenwahn! Bei mir zumindest!

      Nichts desto trotz wünsche ich dir einen angenehmen wunderschön sonnigen Tag und behalte mir deinen Beitrag heute den ganzen Tag im Herzen ❤️

      Like

Hinterlasse einen Kommentar