Bei einer Essstörung sind Bauschmerzen oftmals ein stetiger Begleiter. Und wie alles auf der Welt wurde dieser permanente Zustand eines Tages meine Normalität. Irgendwann gewöhnte ich mich an den Schmerz.
An Tagen mit geregeltem Essverhalten war es meist so, als fehlte mir irgendwas.
Nach dem Essen war ich nämlich nicht satt – das Sättigungsgefühl war nämlich seit Ewigkeiten fort. Ich fühlte mich seltsam unbefriedigt. Die Furcht vor einem Essanfall war groß und doch war der fehlende Schmerz nach dem Essen manchmal so dominierend, dass ich weiter aß. Bis ich Bauchweh bekam.
Ich gewöhnte mich an den Schmerz.
Ich gewöhnte mich an die Fülle im Bauch. Ich gewöhnte mich an dass zerreißende Gefühl und an die Ohnmacht. Ich aß, so lange, bis ich „das“ empfand. Weil ich mich daran gewöhnt hatte. Es war grauenvoll. Es war, als führte ich bewusst einen Essanfall bei. Es war, als wollte ich leiden.
Ich wusste nicht, wie ich aufhören sollte.
Es war wie eine Art Sucht, aus der ich nicht entrann. Ohne Essanfall fehlte mir etwas – obwohl ich um nichts lieber auf der Welt gesund werden wollte. Natürlich versuchte ich es immer wieder. Ich kämpfte und zwang mich mit aller Kraft „durchzuhalten.“ Ich war in einem Teufelskreis gefangen, daher galt es, aus diesem zu entkommen.
Was letztendlich half, war folgendes:
- Ich nahm mir insbesondere Abends (die Zeit, in der ich die meisten Essanfälle hatte) vor, mit anderen zu speisen. Mit meiner Familie oder Freunden – Hauptsache irgendwo, wo ich unter Beobachtung stand.
- Ich ging manchmal auswärts essen, denn in einem Restaurant konnte ich mir nicht nachnehmen und bekam nur diese eine Portion!
- Ich aß sehr langsam, denn so trat das Sättigungsgefühl schneller ein.
- Ich wartete nach jedem Essen eine halbe Stunde, bevor ich mir nach nahm.
Es ist nicht leicht, das Sättigungsgefühl zurückzuerlangen.
Aber es ist auch nicht unmöglich. Ich kann inzwischen wieder essen und auf die Stimme meines Körpers hören. Manchmal ziehe ich noch über die Stränge, aber oftmals ermahnt mich mein Körper. Wenn er satt ist, ist er satt. Inzwischen reagiert er auch viel sensibler auf Schmerz. Er ist nämlich nicht mehr daran gewöhnt!
Hört nicht auf, es zu versuchen!
Gebt nicht auf! Haltet durch und macht weiter! Irgendwann schafft ihr es da raus! ♥
Ich finde, das ist ein gutes, bildhaftes Beispiel dafür, dass einem in der Essstörung etwas fehlt, man also nicht gesättigt ist und sich nach etwas sehnt! Sei es Nähe, Fröhlichkeit, Spaß… Das versucht man durch das Essen zu kompensieren. Letztens habe ich auch gelesen, dass Essen eine „orale“ Befriedigungen ist, die zuerst einmal den Kummer lindert. Es ist natürlich nur keine dauerhafte Strategie und löst nicht das eigentliche Problem…
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Danke für deinen Kommentar 🙂 Da hast du völlig recht – das Essen ist das Ventil, dass „alles“ ersetzen soll und uns deshalb vermutlich „unersättlich“ macht!
Liebe Grüße!
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