Heute möchte ich über ein Thema reden, das mich im Alltag häufig beschäftigt. Wie gehe ich damit um, wenn ich etwas Großes preisgebe, aber „nichts“ zurückbekomme? Was soll ich tun, wenn ich mich anderen öffne, aber ignoriert werde?
Ich bin ein sehr verschlossener Mensch. In meinem Blog schreibe ich zwar viel, aber längst nicht alles, was mich beschäftigt. Im „wahren“ Leben bin ich weniger wortgewandt. Nur selten öffne ich mich anderen, aus Angst davor, verletzt zu werden. Ich will es nicht riskieren, etwas Großes von mir preiszugeben und dann „ignoriert“ zu werden.
Aber beginnen wir am Anfang…
Aktion – Reaktion
Wenn wir uns mitteilen, erwarten wir immer eine Reaktion. Vielleicht ein Lachen zu einem Witz oder ein Tätscheln auf die Schulter zu einer traurigen Geschichte. Selbst diejenigen, die: „Du musst auch gar nichts dazu sagen“ von sich geben, erwarten dennoch irgendwas. Vielleicht Anteilnahme, vielleicht ein mitfühlender Blick. Kommt gar nichts, fühlen wir uns vor den Kopf gestoßen.
Über persönliche Themen reden
Wenn es um meine Essstörung, Familie oder Rassismus geht, bin ich besonders sensibel. Es kostet mich unendlich viel Mut, mich einer anderen Person anzuvertrauen. Mit jedem Gespräch teile ich ein Stück von meiner Seele. Oft ahnt mein Gegenüber gar nicht, wie schwer es mir fällt, diese banale Information zu teilen.
Offenheit trifft auf Ignoranz
Wenn meine Worte belächelt oder nicht verstanden werden, falle ich in ein tiefes Loch der Zurückweisung. Da liege dann für eine ganze Weile, erniedrigt und schutzlos. Mein erster Impuls ist, die Tür zu schließen und sie nie wieder zu öffnen. Ich will nicht wieder verletzt werden, deshalb lasse ich dir Tür verriegelt. Allerdings ist das nur die Vorstufe vom Verdrängen. Öffne ich mich nie, tue ich es irgendwann nicht mal mehr bei mir selbst. Und wenn ich selbst nicht weiß, was in mir vorgeht, kann ich meinen eigenen Problemen nicht mehr auf den Grund gehen. Für viele Menschen sind verdrängte Emotionen überhaupt erst der Auslöser für psychische Krankheiten. Wir müssen also darüber reden. Nicht mit jedem, aber zumindest mit jemandem.
Ignoranz beendet Beziehungen
Tatsächlich sind schon ganze Freundschaften daran zerbrochen, weil ich so viel Ignoranz einfach nicht mehr ertragen konnte. Ganz schlimm war es bei einer ehemaligen Freundin. Ich hatte ihr schweren Herzens von meiner Essstörung erzählt, doch sie wusste nichts damit anzufangen. Sie „ignorierte“ meine Worte, was dazu führte, dass ich mich ihr nicht mehr anvertraute, und die Beziehung schließlich ein jähes Ende fand.
Doch das sollte nicht das Ziel sein. Aus heutiger Sicht würde ich den Menschen nicht einfach „fallen“ lassen, sondern auf jeden Fall über jene Ignoranz reden. Vor allem aber würde ich meine eigene Haltung ändern.
Was tun, wenn ich mich anderen öffne, aber ignoriert werde?
1. Erwartungen ändern
Mir hat es geholfen, meine Erwartungshaltung zu ändern. Ich erwarte nicht mehr, sofort blind verstanden zu werden, und setze mir stattdessen kleinere Ziele auf – realistische Ziele. Wenn ich mich anderen öffne, hoffe ich nicht darauf, sofort verstanden, sondern in erster Linie einfach nur gehört zu werden.
2. Erkennen, dass einem manchmal die richtigen Worte fehlen
Manchmal wollen andere etwas Tröstendes beisteuern, wissen aber gar nicht wie, und stellen sich besonders ungeschickt an. Sie meinen es nicht böse und müssen sich selbst erst sortieren. Natürlich ist das trotzdem verletzend, aber es hilft mir, im Hinterkopf zu behalten, dass der Person nur die Worte fehlen.
3. Ignoranz nicht persönlich nehmen
Ebenfalls hilfreich ist es, Ignoranz nicht persönlich zu nehmen. Wer einem die eigenen Gefühle abspricht, hat platt gesagt ein Problem mit sich selbst. Wenn jemand also derart dreist und eine Essstörung als Trend und eine Depression als zu viel Gejammer abtun sollte, empfinde ich keinen Groll, sondern allenfalls Mitleid mit diesem Menschen. Ich begreife, dass es nichts nützt, weiter darüber zu diskutieren, weil die Person nicht reflektiert genug ist. Und dann heißt es: Radikale Akzeptanz. Akzeptieren, dass die Person engstirnig ist, und von dem Thema loslassen.
Habt ihr noch mehr Tipps? Wie geht ihr damit um, wenn ihr was Großes teilt und es nicht wertgeschätzt wird?
War die Frage ernst gemeint? Wenn ja, dann habe ich nur 2 Antworten: Wenn Du bleiben willst wie Du bist, dann behalte alles „Gefährliche“ was Dich verletzen könnte – durch andere – in Dir und werde immer einsamer und vielleicht sogar krank…. Wenn Du willst das sich etwas verändert, dann solltest Du das Risiko eingehen und das erzählen, was Du für Dich wichtig hälst – trotz Angst. Die Angst wird mit der Zeit weniger, je öfter…. und allmählich lernt man auch Menschen zu unterscheiden, wo es Sinn macht Inneres preiszugeben und wo nicht. Aber all das weißt Du schon glaub ich 😉 Leben heißt sich auch manchmal der Angst aussetzen – wer das nicht wagt, wird immer unlebendiger (um nicht zu sagen ist schon halb tot). Und Du wirst Dich wundern wie oft Du auf dem lebendigen Weg angenehm überrascht wirst.
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Mir gefallen Deine drei Prämissen sehr gut, liebe Mia.
Eine würde ich noch hinzufügen wollen, möglicherweise die schwierigste: Versuchen, geduldig zu bleiben.
Denn für viele Menschen ist es tatsächlich schwierig, die Komplexität einer Sache zu erfassen (etwa einer Essstörung) und sie verhalten sich deshalb unangemessen, ungeschickt, sind unsicher.
Beim Thema Rassismus ist es mitunter ähnlich. Rassismus als Strukturell zu erfasssen, begreifen, zu „verdauen“ und schließlich als (leider) gegeben zu akzeptieren, ist selbst für viele gewillte, aufgeschlossene Menschen, nicht einfach.
Verletzt zu werden, ist furchtbar. Vor allem, wenn man Vertrauen gegeben, vorgeschossen hat. Sensible Menschen kann das sehr, sehr zurückwerfen. – Wer das schon einmal selbst erlebt hat, für den sind Deine drei Prämissen + meine dazu, eine ungemein große Herausforderung aber auch Bedingung, sich vielleicht doch wieder zu trauen.
Wenn man da schon wenigstens ein paar Menschen kennt, die einen begleiten, die einem Verständnis und Verstehen gezeigt, gegeben haben und weiter geben, ist das unschätzbar wertvoll.
Du bist so ein Mensch, und Du hast solche Menschen sehr verdient. Damit es Dir leichter ist, Dich zu öffnen und für das einzutreten, was Dir wichtig ist. Und das tust Du immer wieder. Ich weiß das … 😉
Ganz viele liebe Grüße an Dich! 💖🌹⚓
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Danke für deine Ergänzung, lieber sternfluesterer. Geduld üben muss ich definitiv, ich muss aber auch ganz ehrlich sagen, dass ich mir langsam „entwöhne“ immer Verständnis zu haben und darauf zu warten, dass sich „Mensch“ ändert. Die Frequenz macht es aus, und gerade beim Thema Rassismus werden Betroffene tagtäglich damit überschüttet, dass die Geduld dann irgendwann weg ist. Umso erfreuter bin ich, wenn es welche gibt, die meine „Nicht-Geduld“ annehmen, nicht persönlich auffassen, und versuchen es besser zu machen!
Liebe Grüße! ❤
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Hallo Mia!
Mir ist es vor kurzem ähnlich gegangen. Die Situation spielt keine Rolle, deshalb erkläre ich die Umstände nicht. Jedenfalls habe ich mit meinem „Nichtverhalten“ jemanden vor den Kopf gestoßen. Es ging um ein für mich sehr schwieriges Thema und ich war einfach nicht in der Lage das Telefonat, das damit verbunden war, zu führen. Ich habe 2 Tage gebraucht um all meine Gedanken zu sortieren und um die richtigen Worte zu finden. Es war zu lang für die andere Person, sie war dann enttäuscht und böse auf mich. Im Gespräch konnte ich ihr dann die Hintergründe für mein Handeln (bzw. NICHT-Handeln) erklären. Und tatsächlich war das im Grunde ein Ausdruck meiner Zuneigung, warum ich nicht sofort reagieren konnte. Das hat sie dann auch erkannt und die Enttäuschung konnte wieder gehen.
Fakt ist – gerade wenn es um schwere Themen geht – dass Menschen IMMER berührt werden davon und unterschiedlich reagieren. Manche brauchen Zeit um die Gedanken zu sortieren. Manche werden so tief in der eigenen Geschichte berührt, dass sie erst einmal abblocken, weil es schmerzt. Natürlich gibt es auch Menschen, für die es so fremd ist, das sie nichts damit anfangen können. Aber auch das löst etwas in ihnen aus und daher die Reaktion.
Manchmal passt auch die Situation nicht, weil der andere gerade mit eigenen Themen beschäftigt und nicht offen für andere Themen ist.
Allem gemeinsam ist, dass es nichts mit demjenigen zu tun hat, der sich gerade öffnet.
vlg, Maria
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Danke für das Teilen deiner ehrlichen Geschichte. Ich finde es toll, dass ihr euch nochmal aussprechen konntet. In diesem Szenario verstehe ich euch beide – sie, die sich vor den Kopf gestoßen gefühlt hat, und dich, die sich erst einmal sortieren musste.
Liebe Grüße!
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Hallo Mia!
Das ist genau der Grund warum ich die Begebenheit erzählt habe. Es ist nicht immer so einfach mit dem Beurteilen der Situation. Man kann nicht in den anderen hinein schauen, warum er so oder so handelt. Wichtig ist miteinander zu reden und die Situation zu klären.
lg, Maria
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Die Ängste kenne ich auch. Ich lerne noch dass diese Ändern der Ausgangspunkt sind, sie sind die innere Erwartung. Ich erwarte dass man mich verletzt ist der eine pol – der andere ist: es darf nicht sein ich muss die Erfahrung machen das ich NICHT verletzt werde. Wenn du fühlst dass es dieses hin und her ist zwischen dem man sich da emotional bewegt dann stellt man fest das es ein Muster ist – eine Mechanik. Wenn wir lerne statt dem einen noch dem anderen Pol zu glauben das er wahr ist SONDERN FÜHLEN WAS DA ist – nämlich Angst/ Schmerz/ die IDee allein zu sein – ignoriert zu werden etc. dann kann das Gefühl um das es geht tiefer sinken und angenommen – integriert werden. Das bedeutet das man sich löst aus der inneren Geschichte und freier wahrnehmen lernt. Ich kann es so gut nach fühlen was du beschreibst. Versuche anstatt zu denken zu fühlen. Fühle alles. Es darf da sein. Es ist ok es muss nicht weg sein oder sich verändern. Es verändert sich indem es Raum bekommt da sein darf.
Alles Liebe ❤️
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Sic: oben „Ändern“ meint Ängste
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Danke für deine lieben Worte. Ich versuche definitiv alle Gefühle zuzulassen – auch die wirklich blöden! Liebe Grüße!
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Um auf Deine Frage am Ende zu antworten: dann passiert mir das mit dem- oder derjenigen so schnell nicht wieder. Ganz einfach und ohne das auf Ignoranz, Engstirnigkeit oder sonstwas zu schieben.
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Stimmt, da hast du recht!
Liebe Güße!
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