Wenn man Essen endlich wieder genießen kann

Essen genießen – ich hätte nicht gedacht, dass mir das eines Tages wieder gelingen würde. Und doch zeigt die Recovery, dass es doch möglich ist.

Essen ist eine Sucht, die man trotzdem konsumieren MUSS.  Man kann sie nicht wie eine Droge aus seinem Leben streichen, man muss einen neuen Umgang mit ihr lernen. Da noch irgendwas genießen ist schwierig.

Essen als Glücksquelle

Da Essen für mich jahrelang das Einzige war, das mich für einen kurzem Moment wirklich glücklich machte, war es noch schwerer, mich aus dem Teufelskreis des Binge Eating zu befreien. Ich genoss das Essen viel zu sehr und wollte gar nicht damit aufhören.

Aber genau das war das Problem. Indem ich das Essen auf ein Podest stellte und es nichts anderes gab, das mich in einen solchen „Rausch“ versetzte, geriet ich in eine Abhängigkeit. Und irgendwann liebte ich das Essen nicht nur, ich hasste es auch, und wünschte, ich würde es einfach nur als das sehen, was es ist: Nahrung, die ich brauche, um zu überleben.

Machtentzug

Und das wurde es eines Tages auch. Mit der Recovery, den Therapiesessions und der Arbeit an mir selbst, nahm ich dem Essen die Macht, die es auf mich hatte. Denn nun hatte ich neue Quellen, die mich glücklich machten, gesündere.

Aber dadurch genoss ich das Essen auch nicht mehr.

Ich aß einfach nur, weil ich musste, hatte keine wirkliche Freude mehr daran, und wenn ich ganz ehrlich bin, auch ein bisschen Angst davor, wieder dorthin zu kommen, wo ich einst war. So seltsam es klingt: Ich wollte das Essen nicht zu sehr an mich ranlassen. Wie bei einem toxischen Menschen, bei dem man weiß, welche Macht er über einen haben kann.

Nach meiner Vorgeschichte war ich aber auch nicht sicher, ob ich Essen überhaupt nicht genießen konnte. Für mich war das Thema derart vorbelastet, dass ich dem Essen selbst nicht einmal viel Zeit einräumte, vor allem nicht, wenn ich allein war. Ich bekam Hunger, aß schnell, wurde satt, und das war’s.

Pizza Hut

Eigentlich esse ich nicht so viel Fastfood, überhaupt schlage ich selten zu Pizza zu, weil ich sie wegen meinen chronischen Magenproblemen meistens nicht vertrage. Pizza Hut war allerdings der einzige Laden, der im Umkreis noch offen hatte, und so bestellte ich mir dort eine fluffig Pan Pizza Margarita.

Und was soll ich sagen? Als ich den ersten Bissen nahm, dachte ich kurz, ich sehe den Himmel. Ich biss nochmal ab, und nochmal, und war beinahe den Tränen nahe, weil das so lecker war. Viele präferieren die italienische Pizza mit dünnem Teig, ich liebe die amerikanische mit richtig dickem, saftigen Teig. Das hatte ich total vergessen. Nach all der Pizza-Abstinenz wusste ich nicht mehr, das etwas so gut schmecken kann.

Und das Allerbeste: Nach einem Dreiviertel hörte ich auf. Als ich satt war, hatte ich die Willenskraft, die Pizzaschachtel zuzuschlagen und sie mir für morgen aufzuheben. Das wäre früher undenkbar gewesen. Wenn ich Essen derart genoss, wollte ich mehr davon.  Aber heute gibt es viele andere Dinge, die mir Genuss verschaffen. Ich bin nicht mehr länger darauf angewiesen.

Früher gab es bei mir nur Extreme: Ganz viel essen oder gar nichts essen.

Ganz viel genießen oder gar nichts genießen …

Jetzt habe ich das Gefühl, dass ich in meiner Recovery eine neue Ebene einschlage. Das Thema Essen wird für mich immer ein wenig vorbelastet sein, aber ich habe kein Problem mehr damit. Ich kann essen, ohne auf Kalorien oder Nährwerte zu schauen, und es sogar genießen.

Was ich damit sagen will: Es ist möglich.

Essen genießen, ist möglich.

Der Weg ist steinig, und es braucht sicher viele Anläufe und eine Menge Geduld mit sich selbst. Aber es ist möglich. Ihr könnt dem Teufelskreis entkommen, ihr könnt die Essstörung hinter euch lassen, und einen gesunden Umgang mit Essen finden. Vielleicht könnt ihr das Essen eines Tages sogar genießen.

Habt einen schönen Start in die Woche. ❤

Werbung

5 Kommentare zu „Wenn man Essen endlich wieder genießen kann

  1. Toller Beitrag, du hast dich gut weiterentwickelt! Aber ich bin über einen Satz gestolpert und hätte gerne Tipps von dir: „heute gibt es viele andere Dinge, die mir Genuss verschaffen“. Was sind das konkret für Dinge? Mir fällt auf Anhieb nichts ein, was mir so viel Genuss verschafft, wie Essen und Alkohol trinken 😦 habe schon alles Mögliche probiert, aber nichts funktioniert…

    Gefällt 1 Person

  2. Toller Beitrag, du hast dich gut weiterentwickelt! Aber ich bin über einen Satz gestolpert und hätte gerne Tipps von dir: „heute gibt es viele andere Dinge, die mir Genuss verschaffen“. Was sind das konkret für Dinge? Mir fällt auf Anhieb nichts ein, was mir so viel Genuss verschafft, wie Essen und Alkohol trinken 😦 habe schon alles Mögliche probiert, aber nichts funktioniert…

    Gefällt 1 Person

    1. Wenn du dem Essen die Macht nimmst, kann einem alles Genuss verschaffen. Eine spannende Serie sehen, ein gutes Buch lesen, reisen, Spieleabende, usw. Hauptsache, das Essen ist nicht mehr die Quelle allen „Glücks“. 🙂

      Like

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s