„Aus den Augen, aus dem Sinn“ – Mein Tipp, um triggerndes Essen bei sich zu Hause zu lagern

Süßigkeiten im Haushalt? Eigentlich ein No-Go für Menschen mit Essstörungen. Ich habe mich nach Jahren der Angst gestellt und einen Trick gefunden, um triggerndes Essen zu Hause zu lagern. Diesen möchte ich hier gerne mit euch teilen.

Eigentlich habe ich selten triggernde Produkte im Haushalt. Überhaupt gehöre ich nicht zu den Menschen, die einen Haufen Nudeln und in Dosen konservierte Suppen bei sich lagern. Ich kaufe nur das, was ich für die nächsten paar Tage konsumiere.

Mit der Zeit habe ich festgestellt, dass dieses „nur das Wichtigste“ im Haushalt lagern auch nicht der richtige Ansatz ist. Ich könnte mich zwar selbst damit belügen, dass ich nachhaltiger und weniger verschwenderisch lebe, aber die Wahrheit ist, dass ich mir nach wie vor Essen verbiete. Aus Angst vor einem Essanfall habe ich gar nicht erst viel Essen da.

Ein Ziel meiner Heilung ist, auf gesunde Weise mit Essen umzugehen. Aber dafür muss ich mich dem Essen erst mal stellen. 

Vor einer Weile versuchte ich, Bitterschokolade im Haushalt zu lagern, was sogar ganz gut klappte. An anderes Fear Food, also triggerndes Essen, wie Butter versuche ich mich auch langsam und Schritt für Schritt zu wagen. Doch was war mit den wirklich gefährlichen Triggern wie Süßigkeiten und Fast Food? Nun, bislang hatte ich alles Süße und Kalorienreiche konsequent aus meinem Haushalt verbannt. Bis jetzt.

Vor Kurzem habe ich eine Packung Gummibärchen gekauft.

Normalerweise hätte ich den Inhalt binnen eines Abends (wem mache ich was vor? – binnen einiger Minuten!) vertilgt, aber diesmal nicht. Ich nahm mir eine Handvoll heraus und verstaute den Rest davon hinter Harry Potter und der Gefangene von Askaban im obersten Schrank meines Bücherregals.

Als die Gummibärchen in meiner Hand gegessen waren, wollte ich mir instinktiv Nachschub nehmen. Aber die Faulheit aufzustehen, hielt mich davon ab. Das „Fressen“ hörte an diesem Abend auf.

„Aus dem Auge, aus dem Sinn“?

Erst Tage später fiel mir wieder ein, dass ich ja noch ein paar Gummibärchen versteckt hatte. Ich nahm mir also den Rest der Tüte und aß die Gummibärchen in einem zweiten Schub auf. Stolz auf mich, dass ich es nach Jahre geschafft hatte, eine Tüte Gummibärchen nicht zu „bingeeaten“, dachte ich nach.

Warum war es mir diesmal gelungen? Der Fressdrang war ja eigentlich nicht fort, denn ich wusste ja, dass ich die Süßigkeiten versteckt hatte. Aber dadurch, dass ich sie nicht die ganze Zeit sah, dachte ich auch weniger daran. Am Ende vergaß ich die Packung sogar.

Mich triggert nicht, dass etwas da ist, sondern, dass ich sehe, dass es da ist. 

Ein Glas Nutella, das sichtbar in meinem Schrank steht, hat einen größeren Einfluss auf mich als eine Pizza, die in den Tiefen meines Gefrierschranks verborgen ist. Wenn ich etwas nicht sehe, denke ich weniger daran. Und wenn das Besagte „schwerer“ zu erreichen ist, mache ich mir noch weniger die Mühe.

Aus diesem Grund ist die Packung Chips, die ich manchmal zum Fernsehen hervorkrame, immer in meiner Mikrowelle verstaut, die ich die meiste Zeit über nicht nutze. Ich betrete die Küche also, ohne sofort mit den Chips konfrontiert zu werden. Und das gleiche Prinzip funktioniert mit den Süßigkeiten in meinem Bücherregal.

Das bedeutet aber nicht, dass es in meinem Bücherregal voller Süßigkeiten wimmelt.

Nein, ich genieße meinen Trick mit Vorsicht. Viel Essen habe ich nach wie vor nie da und Süßigkeiten kaufe ich nur nach, wenn die Vorräte in meiner Wohnung leer sind. Bei „zu viel“ besteht eine größere Gefahr, in alte Muster zu rutschen und dem Binge Eating zu verfallen.

Und ich muss niemandem vormachen, dass dieser Trick einen aufkommenden Essanfall verhindern wird. Wenn er kommt, lässt er sich meistens auch nicht mehr aufhalten. Ich würde euch also raten, diesen Trick nur dann auszuprobieren, wenn ihr euch in einer Recovery Phase befindet und aktiv versucht, euch dem Fear Food zu stellen.

Was haltet ihr von diesem Tipp? Könntet ihr euch vorstellen, dass er euch helfen könnte oder steht ihr ihm kritisch gegenüber? Gibt es andere Tipps, die euch dabei helfen, Fear Food zu überwinden?

PS.: Mein Buch „Zwischen meinen Worten“ ist jetzt erhältlich!

zwischen_meinen_worten

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15 Kommentare zu „„Aus den Augen, aus dem Sinn“ – Mein Tipp, um triggerndes Essen bei sich zu Hause zu lagern

  1. Ich habe tatsächlich festgestellt, dass diese Methode bei mir (noch) nicht funktioniert. Alleine das Wissen, dass ich etwas da habe, reicht aus, dass ich es essen „muss“. Wobei ich glaube, dass das auch davon abhängig ist, wie weit man mit seiner Genesung ist. Denn ich kann mich auch an eine Zeit erinnern, in der „aus den Augen, aus dem Sinn“ funktionierte.
    Ich freue mich allerdings zu hören, dass es bei dir so geklappt hat! 🙂

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    1. Ja, ich glaube, dass dieser Trick, wie ich bereits geschrieben habe, nur in einer bestimmten Recovery Phase helfen kann. Aber glaub mir, bei mir reichte früher auch nur das Wissen aus, alte, verschrumpelte Schokoladenkouvertüre im Haus zu haben, um „auszurasten“! 🙈 Es mag bei dir vielleicht NOCH nicht funktionieren, aber ich hoffe auf bald! 🙂

      Liebe Grüße!

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  2. Bei mir ist das auch so! Was ich nicht sehe, vergesse ich meistens. Nur wenn es direkt vor meinen Augen liegt, will ich es unbedingt essen. Mein Haushalt ist voll von triggernden Esswaren, T. braucht da ja nicht aufpassen und kann essen wann, was und wieviel er will, deshalb habe ich immer alles da. Von Gummitierchen gebe ich ihm dann z. B. eine kleine Portion in ein Schüsselchen, das er dann neben sich stellt und in Sekundenbruchteilen inhaliert – er mag das so, weil er sonst auch die ganze Tüte ausfressen würde. Und wenn die ganze Tüte da läge, würde sie auch mich triggern.

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  3. Bei mir ist das etwas schwierig, weil wir eine grosse Familie sind und ich noch (wieder) Zuhause lebe. Daher kann ich es schlecht meiden, dass wir eher viel Essen, Suessigkeiten etc. Zuhause haben.. Ich kenne auch alle Verstecke, wo sich welche verbergen wuerden.
    Irgendwie macht es das Ganze schwerer fuer mich..

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  4. Da ich leider seit einigen Monaten zu Heißhungerattacken neige, die im (teils nächtlichen) Aufessen verfügbarer Süßigkeiten enden, suche ich auch Strategien dagegen … Was mir hilft, wenn auch leider nicht immer, ist Ähnlich deinem Bericht: keine großen Vorräte einkaufen, keine großen Packungen kaufen, zuhause außer Sichtweite verbannen, bewusst genießen… Liebe Grüße

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